Am Fliegerhorst Leck in Nordfriesland waren zeitlebens Kampfflugzeuge stationiert. Kurz vor der Jahrtausendwende wurde der Militärflughafen von der Bundeswehr zum Cyberabwehrzentrum umfunktioniert. Für brachliegende, aber versiegelte Flächen sucht man seither einen neuen Einsatzzweck. Selbst als Teststrecke für Emissionsmessungen und selbstfahrende Autos soll er dienen. Doch die Fläche kann einen noch dienlicheren Zweck zugewiesen bekommen als nur einen Dieselskandal 2.0 zu vermeiden. Etwa um den Strukturwandel auf dem Land umzukehren.
Deshalb soll das 322 Hektar große nordfriesische Gelände wieder zum Flugplatz werden, vor allem für unbemannte Fluggeräte. In den kommenden Jahren will das Bündnis UAM-InnoRegion-SH, das aus über 70 regionalen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Verwaltungsakteuren besteht, auf dem ehemaligen Nato-Flugplatz Leck Technologie entwickeln, testen und umsetzen mit Fokus auf die ländlichen und maritimen Bereiche.
„Da es hier kaum Flugbewegungen gibt, ist das Gebiet ideal für Testzwecke“
Jens Heitmann, Projektmanager Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordfriesland
Mithilfe des zuständigen Förderprojekts „Wandel durch Innovation in der Region“ (kurz: „WIR!“) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung setzt sich das Bündnis zum Ziel, langfristig Arbeitsplätze zu schaffen und so einen positiven Beitrag zum Strukturwandel in der Region zu leisten. Aufgeteilt wird der ehemalige Fliegerhorst zu diesem Zweck in mehrere Bereiche: Unter anderem entsteht der IT-getriebene Green Data Center Park sowie der Green Energy Park mit Privat- und Gewerbegrundstücken und einer gemeinsamen Erzeugung, Verteilung und Speicherung von Strom und Wärme.
Auf dem Air Campus und dem Air Business Park rückt Drohnentechnik in den Fokus: Ob Seenotrettung, die Überwachung des Schiffsverkehrs, Inspektionen von Windkraftanlagen, medizinische Versorgung von Inseln, Landwirtschaft oder Tourismus – die Einsatzbereiche sind vielfältig. „Weitere Themenfelder sehen wir in der Logistik, bei Dienstleistungen, bei Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben“, sagt Jens Heitmann, Projektmanager bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordfriesland.
Denn der Standort bietet einige Vorteile: „Da es im Vergleich zu Metropolregionen hier kaum Flugbewegungen gibt, ist das Gebiet ideal für Testzwecke geeignet. Fluggenehmigungen für Flüge über unbewohntem Gebiet zu erhalten ist tendenziell leichter als eine Aufstiegsgenehmigung über einer dicht besiedelten Stadt zu bekommen“, sagt Heitmann. Weitere Vorteile sind neben der verfügbaren Größe auch die außergewöhnliche Infrastruktur am Standort: ein gut ausgebautes 5G-Netz sowie eine Teststrecke für autonomes Fahren und Fliegen.
Die UAM-InnoRegion-SH arbeitet eng mit Hamburg Aviation zusammen, einem Verband bestehend aus Unternehmen wie Airbus und Lufthansa Technik, Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie der Stadt Hamburg, der die Entwicklung der Luftfahrtindustrie fördert. Durch diese Zusammenarbeit wird sichergestellt, dass nicht beide Standorte parallel dieselben Themen bearbeiten. Gleichzeitig sollen die Hamburger Unternehmen auch die Möglichkeit haben, den Flugplatz für Tests zu nutzen.
„Jede Menge neue Arbeitsplätze im Bereich der Drone-Economy“
Jens Heitmann, Projektmanager Wirtschaftsförderungsgesellschaft Nordfriesland
Seit September dieses Jahres befindet sich das Projekt in der Umsetzungsphase. Doch schon jetzt ist der Wunsch des Projektleiters klar: „Am Ende des Förderzeitraums möchten wir gerne erreicht haben, dass sich am Flugplatz Leck ein florierendes Drohnen-Kompetenzzentrum entwickelt hat, in dessen Umfeld neue und alte Unternehmen jede Menge neue Arbeitsplätze im Bereich der Drone-Economy geschaffen haben“.
Die Ideen scheinen vielfältig, nicht nur in Nordfriesland oder für den geplanten Drohnen-Flughafen in der Oberlausitz. Manche Drohnen werden Bäume pflanzen, andere Walrotz sammeln oder Rehkitze retten. Wieder andere sollen Feuerwerke ersetzen. Alle Ideen haben eines gemein: Drohnen sollen ihren kuriosen Spanner-Ruf verlieren und zu echten Helfern für Mensch und Natur werden. Und wenn sie Jobs aufs Land bringen und den einen oder anderen Komfort aus der Stadt, dann wäre zumindest ein Zwischenziel erreicht.
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Jens Heitmann
Nach seinem grenzüberschreitenden Master in International Management war er als Marketing Manager und stellvertretender Vertriebsleiter tätig. Heute ist Jens Heitmann als Projektmanager bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft in Husum und leitet das Projekt rund um das UAM-InnoRegion-SH.
Matthias Hüppauff
Matthias Hüppauff studierte Volkswirtschaftslehre und arbeitete anschließend bei unterschiedlichen Versicherungen und Banken. Seit 2001 ist er Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft in Nordfriesland und begleitet seit Beginn das Projekt um den Flugplatz in Leck.