Star Alliance ist keine Luftfahrt-Allianz mehr
Deutsche Bahn und Star Alliance kooperieren, eingefädelt wurde alles von der Lufthansa. Man bezeichnet sich als "wohl größten weltweiten Mobilitätsverband". Warum das wichtig ist
Die Star Alliance ist nicht länger eine Luftfahrtallianz, stattdessen wird sie sich spätestens ab dem 1. August als Mobilitätsallianz bezeichnen. Denn: Die Deutsche Bahn wird das erste Mitglied, das keine Airline ist. Ausgerechnet, möchten böse Zungen dieser Tage vielleicht sagen, oder ob man angesichts der Störungen im Bahn- und Flugverkehr nichts Besseres zu tun gehabt habe. Doch das ist kurz gedacht, denn bei genauem Hinsehen stellt man fest: Das ergibt Sinn.
Ein wenig Geschichte zur Star Alliance hilft, um zu verstehen wieso. Vor Kurzem feierte Harry Hohmeister, Vorstandsmitglied der Deutschen Lufthansa AG zusammen mit United Airlines noch das 25-jährige Jubiläum der Star Alliance. Sie wurde Ende der 90er-Jahre gegründet, um den Komfort für Reisende zu erhöhen. Dazu zählt etwa nur eine Buchung für Tickets mehrer Fluggesellschaften, das Weiterleiten von Gepäck an den Zielflughafen und das übergreifende Sammeln von Bonusmeilen. Ist der erste Lufthansa-Flug von Hamburg nach München verspätet, gibt es für den zweiten von United durchgeführten Flug kostenlosen Ersatz. In der Vergangenheit hat die Lufthansa bereits unter der Marke Express Rail eine vergleichbare Offerte für den Zug zum Flug in Deutschland angeboten. Sie wird nun auf den gesamten „Mobilitätsverband“ ausgeweitet. Ist das wirklich ein Gamechanger?
Jeffrey Goh, CEO der Star Alliance erkennt an: „Der intermodale Verkehr ist zwar keine Breaking News, vereint aber auf einzigartige Weise die Kompetenzen der größten globalen Airline-Allianz, der größten Fluggesellschaft in Deutschland und des größten Eisenbahnunternehmens in Europa“. Das kann und wird Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit haben, denn die Dekarbonisierung der Luftfahrt, und damit der Verkehrsbranche, wird ohne die Bahn nur schwer zu bewerkstelligen sein. Und auch die Straße wird durch die Verbindungen entlastet, ist sich Hohmeister sicher.
„Wir fliegen viele Strecken nicht mehr“
Harry Hohmeister, Mitglied des Vorstand Deutsche Lufthansa AG
Überhaupt scheint er mit den Fortschritten zufrieden: „Wir fliegen viele Strecken nicht mehr. Das heißt, in Realita sieht man das ja heute schon. Köln-Frankfurt ist, glaube ich, das zeitnahste Beispiel“. Auf anderen Routen wurde die Frequenz reduziert. In der Schweiz und in Österreich habe man ebenfalls bereits gute Kooperationen, die aber noch nicht auf die gesamte Star Alliance übertragen wurden. Man erhoffe sich zunächst eine Reduktion von Kurzstreckenverbindungen in Deutschland durch international Reisende: Möchte man von New York nach Hamburg, zeigt United etwa als Anschlussflug eine Bahnverbindung von Frankfurt nach Hamburg an. Schon heute stiegen 500.000 Passagiere zwischen Bahn und Lufthansa um, bis 2030 sollen es zehnmal so viele sein.
„Der XXL-ICE bietet über 900 Sitzplätze. Das ist circa das Fünffache eines Mittelstrecken-Flugzeugs“
Michael Peterson, Vorstand DB Personenverkehr
Damit das wie gewünscht klappt und um die Bahnreiselust in den Griff zu bekommen, hat Michael Peterson, Personenverkehrsvorstand bei der Bahn eine Lösung: „Wir werden Ende des Jahres 360 ICE Züge in Betrieb haben. Das sind 100 ICEs mehr als noch vor fünf Jahren, darunter auch unser neuer ICE 4. Der XXL-ICE mit 13 Wagenkästen bietet über 900 Sitzplätze. Das ist circa das Fünffache eines Mittelstrecken-Flugzeugs.“
„Wir sind uns bewusst, dass dies nicht die Lösung für jeden Markt ist“
Jeffrey Goh, CEO Star Alliance
Was in Deutschland klappen könnte, sei jedoch kein weltweit gültiges Ziel: „Wir sind uns bewusst, dass dies nicht die Lösung für jeden Markt ist“, sagt Star-Alliance-CEO Goh. „Und zwar aus dem einfachen Grund, dass dies abhängig von der Infrastruktur ist. Frankfurt hat hier eine einzigartige Position, weil der Flughafen in der Nähe des Fernbahnhofs liegt.“ Der Fraport wurde kürzlich erst umgebaut und hat nun Lufthansa-Check-in-Schalter, die direkt am Weg vom Bahnsteig zum Terminal liegen.
An anderen Orten sei dies nicht möglich, dafür böten sich aber andere „intermodale Partner“ an. „Das könnten Fähren sein, wenn man sich zum Beispiel Hongkong ansieht“. Vom Flughafen gibt es direkte Fährverbindungen ins nahegelegene Macau und nach Festlandchina. Aus Eisenbahn-Perspektive gäbe es jedoch eine Reihe von Möglichkeiten, die ebenfalls spannend sein könnten: „Das Konzept könnte bis Japan reichen“, erklärt Goh, wo der Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen seit Jahrzehnten Kurzstreckenflüge ersetzt.
„Das könnte aber auch Polen sein, wo man über ein integriertes Drehkreuz in nicht allzu ferner Zukunft spricht“. Bis 2027 soll das „Solidarity Transport Hub“ entstehen, ein intermodales Drehkreuz, das Straße, Schiene und Luftverkehr auf neuartige Weise kombinieren und Kapazitäten für 40 Millionen Reisende bieten soll. Außerdem wird der Flughafen Solidarnosc im Zentrum des neuen, 1.981 km langen Eisenbahnnetzes und auf halber Strecke zwischen Warschau und Lodz an der Autobahn A2 liegen. Die Polnischen Staatsbahnen sind damit gut positioniert als nächster Partner der Star Alliance.
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Harry Hohmeister
Er ist gewissermaßen der Drahtzieher oder auch der Architekt hinter der neuen Allianz mit der Deutschen Bahn. Harry Hohmeister ist Vorstand der Deutschen Lufthansa AG hat sich maßgeblich dafür starkgemacht, dass die Luftfahrtallianz zur Mobilitätsallianz wird.
Jeffrey Goh
Seit über fünfzehn jahren ist er bei der Star Alliance, seit fünfeinhalb Jahren leitet er die Geschicke der größten Luftfahrtallianz der Welt. Jeffrey Goh war unmittelbar und aufgrund der Nähe zur Lufthansa an deren Umbau zur Mobilitätsallianz beteiligt. Vorher war er beim Airline-Dachverband IATA.