Dieser Schwede will den Elektro-Lkw der Zukunft bauen
Das schwedische Start-up Volta Trucks hat in Duisburg einen rein elektrischen Lkw präsentiert, mit dem man den Lieferverkehr in den Innenstädten sicherer und sauberer machen will. Das klingt verheißungsvoll – doch es gibt einen großen Haken
London, Paris, Duisburg – das klingt zunächst nach einem Versehen. Doch Carl-Magnus Norden macht schnell klar, dass sein vollelektrischer Truck Volta Zero keinesfalls durch Zufall hier steht. „Wir wollen einen Fokus auf das Ruhrgebiet legen, weil es als Ballungsraum sehr dicht besiedelt ist“, sagt der Gründer des schwedischen Start-ups. Und so ist auch der Ort der Präsentation bewusst gewählt. Denn in der Kraftzentrale des Landschaftsparks Duisburg-Nord wurde früher Strom hergestellt, um das benachbarte Hüttenwerk zu versorgen. Und nun dient die riesige Halle als Präsentationsfläche für einen mehr als neun Meter langen Truck, auf dessen Außenhaut der Schriftzug „Volta Zero“ prangt.
Das Start-up wurde erst 2017 in Stockholm gegründet mit dem Ziel, die innerstädtische Logistik nachhaltiger zu machen. Die Volta-Trucks fahren komplett elektrisch und sind so designt, dass sie zu weniger Verkehrsunfällen führen sollen. Anders als bei klassischen Lkw mit Verbrennungsmotor sitzen die Fahrer beim Volta Zero, dem ersten Modell des Start-ups, ähnlich niedrig wie in einem Bus in der Mitte der Fahrerkabine.
„Bei uns muss man nicht über dem Diesel-Motor sitzen“, sagt Carl-Magnus Norden, der Volta zusammen mit dem langjährigen Automobil-Experten Kjell Walöen gegründet hat. Ende des Jahres soll die Produktion des Volta Zero beginnen, 2023 sollen dann bereits 5.000 Trucks gefertigt werden. 2025 sollen es bereits 27.000 sein. Carl-Magnus Norden weiß, dass man schnell sein muss. Denn natürlich arbeiten auch Konkurrenten an elektrischen Lösungen. So haben Daimler und zuletzt auch MAN angekündigt, ab 2024 Elektro-Lkw in Serie zu bauen. Und sogar der E-Auto-Pionier Tesla arbeitet bereits an einem eigenen Elektro-Truck. Doch anders als die etablierten Hersteller, konzentriert sich Volta bewusst auf den Verkehr in urbanen Zentren. Für die Fernstrecke ist das Modell Volta Zero mit einer Reichweite von 150 bis 200 Kilometern nicht ausgelegt. Dennoch bestellte der deutsche Logistikriese DB Schenker im vergangenen November 1.500 Fahrzeuge vor – nach eigenen Angaben der damals größte Auftrag für einen elektrischen Lkw in ganz Europa. DB Schenker hatte sich zuletzt verstärkt um alternative Antriebe bemüht und unter anderem auch das Modell eActros von Daimler getestet. Eine Anfrage ließ das Unternehmen unbeantwortet.
„Es ist ein Langzeit-Projekt“
Carl-Magnus Norden
Der Logistiker will die Trucks künftig unter anderem im Ruhrgebiet einsetzen, wo Volta Trucks aktuell auch nach einer geeigneten Immobilie für einen eigenen Standort fahndet. Denn obwohl Carl-Magnus Norden vor seinem Start bei Volta als Investor gearbeitet hat, weiß auch er, worauf es Spediteuren und Logistikern im Alltag ankommt: „Die erste Frage der Kunden betraf immer den Bereich After Sales“, sagt Carl-Magnus Norden beim Treffen in Duisburg. Ausfälle können sich die dicht getakteten Logistiker nicht leisten, also will Volta Trucks für eine schnelle Verfügbarkeit von Ersatzteilen und -fahrzeugen sorgen.
Mindestens genauso wichtig wird am Ende jedoch der Preis sein. 230.000 Euro kostet das Modell Zero aktuell noch mit 150 kWh Batteriekapazität. „Das ist das Doppelte eines Diesel-Trucks“, räumt Carl-Magnus Norden ein: „Aber gleichzeitig spart man Geld während des Betriebs durch weniger Ersatzteile und niedrigere Betriebskosten.“ Rechne man die Kosten eines gesamten Lebenszyklus zusammen („Total cost of ownership“), sei man in London oder Paris bereits fünf bis zehn Prozent günstiger als Diesel-Trucks. Bis 2025, hofft der Gründer, werde man auch ohne Subventionen preislich auf Augenhöhe mit Diesel-Trucks sein. Zumindest in Deutschland wird das auch nötig sein, denn die Förderung von Nutzfahrzeugen ist aktuell bis 2024 befristet.
„Es ist ein Langzeit-Projekt“, sagt Carl-Magnus Norden. Entsprechend groß ist der Finanzbedarf des schwedischen Start-ups. Erst im Februar hatte das Unternehmen eine neue Finanzierungsrunde in Höhe von 230 Millionen Euro bekanntgegeben. Das Geld kam unter anderem vom New Yorker Hedgefonds Luxor Capital Group, der schwedischen Byggmästare Anders J. Ahlström, Agility Logistics sowie dem neuen Investor B-Flexion. Mit dem frischen Kapital sei die Produktion abgesichert, hieß es damals in einer Pressemitteilung.
„Ich schaue viel auf Apple – die bauen das iPhone auch nicht selbst“
Carl-Magnus Norden
Anders als andere Hersteller will Volta sein Modell Zero zunächst nicht in einem eigenen Werk fertigen, sondern in einem früheren Werk des Lkw-Herstellers MAN im österreichischen Steyr. Dieses war im vergangenen Jahr vom früheren Chef des Zulieferers Magna, Siegfried Wolf, übernommen worden, der ebenfalls bei Volta Trucks investiert ist. Unter dem Namen Steyr will Wolf hier unter anderem Klein-Lkw und Busse fertigen lassen – und eben auch den 16-Tonner Volta. „Man sollte sich auf das konzentrieren, was man kann“, sagt Carl-Magnus Norden mit Blick auf die Kooperation mit Steyr: „Und ich sehe aktuell nicht, dass wir der bessere Hersteller sind.“ Norden sagt, er schaue viel auf Apple – und die würden das iPhone schließlich auch nicht selbst bauen.
Gleichzeitig erhält sich das Start-up dadurch auch die nötige Flexibilität, um sich neuen Entwicklungen schnell anpassen zu können. Beim Wasserstoff hält es Carl-Magnus Norden zwar ähnlich wie Tesla-Chef Elon Musk, der im vergangenen Jahr in schallendes Gelächter ausbrach, als er bei einem Besuch seines künftigen Werks in Grünheide nach den Chancen dieser Antriebsart gefragt wurde. Auch Norden ist skeptisch: „Es gibt aktuell nicht genügend Wasserstoff und auch kein ausreichendes Service-Netzwerk“, sagt der Volta-Gründer: „Mit dem Elektroantrieb können wir hingegen jetzt starten.“
Und auch beim autonomen Fahren ist Volta Trucks zunächst zurückhaltend. Bei einem Lieferfahrzeug im innerstädtischen Bereich werde zum Be- und Entladen noch sehr lange eine Person gebraucht, die dann auch fahren könne, heißt es. Carl-Magnus Norden wird diese Rolle hingegen nicht mal zu Probezwecken ausfüllen können – er hat keinen Lkw-Führerschein. „Dafür fehlte mir bislang einfach die Zeit“, sagt er.
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Carl-Magnus Norden
Der Schwede Carl-Magnus Norden ist Serientäter: Als Unternehmer hat er bereits Immobilien entwickelt, Textilfirmen umstrukturiert, er hat sich mit Mobilfunkunternehmen befasst, nennt Stahl, Vertrieb, Software und Produktion als weitere Steckenpferde. Und nun nimmt er sich E-Lkw und innerstädtische Logistik vor.
Elon Musk
Auch der kalifornische Exzentriker Elon Musk will es mit Daimler und Co. aufnehmen, den E-Lkw serienreif und den Verbrenner obsolet machen. 15 Exemplare des Tesla Semi, wie der Lkw heißen wird, sollen an Pepsi ausgeliefert werden. Auf der Langstrecke soll der Laster sogar autonom in Kolonne fahren können, um Energie zu sparen