Formel 1 – das klingt nach dem Petrolhead-Sport überhaupt und tatsächlich ist die sogenannte „Königsklasse“ des Motorsports bislang alles andere als grün. Immerhin wird ab dieser Saison, die am 20. März beginnt, mit E10 gefahren. Ab 2026 sollen die Formel 1 ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen und damit CO2-neutral unterwegs sein. Gut möglich also, dass die Formel 1 auch mit Blick auf eine nachhaltige Automobilität das wird, was sie schon immer war: spektakuläres Entertainment und zugleich Treiber neuer Technologien. Dass mit Audi und Porsche gleich zwei Marken VW-Konzernmarken den (Wieder-)Einstieg suchen sollen, spricht dafür, dass sich einiges tun wird.

Die Frage, wie nachhaltig die Formel 1 werden kann, ist auch Thema im aktuellen OMR Podcast mit Christian Horner, Teamchef von Red Bull. Deshalb denken wir, dass es sich auch für Verbrennerkritiker wie uns lohnt, einmal reinzuhören. Für Petrol-Romantiker sowieso. Denn das muss man der Formel 1 lassen: Dieser Zirkus versteht sich darauf, Mythen und Helden zu schaffen – und hoffentlich bald endlich auch mal Heldinnen.

Die goldenen Zeiten der Formel 1 – das waren in Deutschland die Jahre der Ära Michael Schumacher. Millionen Menschen sahen die Rennen bei RTL, stellten sich sogar nachts den Wecker, um live dabei zu sein, wenn der langjährige Rekordweltmeister seine Runden im roten Ferrari drehte. Als Schumacher 2006 seinen Rücktritt ankündigte, war der Rennstall von Red Bull gerade mal zwei Jahre alt. Doch die goldenen Zeiten, das weiß man inzwischen rückblickend, sollten für die Formel 1 gerade erst beginnen. „Es ist faszinierend, wie sich das Geschäft entwickelt hat, gemessen an dem, was Red Bull von Jaguar gekauft hat Ende 2004“, sagt Christian Horner.

„Ich war nicht gut genug, um ein guter Formel-1-Fahrer zu sein“

Christian Horner, Teamchef von Red Bull Racing

Der Brite mit dem Deutsch klingenden Namen ist Teamchef von Red Bull Racing. Mit seinen 48 Jahren ist Horner doppelt so alt wie der aktuell für Red Bull fahrende Weltmeister Max Verstappen. Doch unter den Teamchefs gehört er zu den jüngsten. Horner fuhr noch gemeinsam mit den früheren Formel-1-Fahrern Juan Pablo Montoya oder Nick Heidfeld Rennen in anderen Wettbewerben. In die Formel 1 hat es Horner nur als Testfahrer und später dann als Manager geschafft. „Je höher man kommt, desto härter wird es. Ich war ok, aber ich war nur im Durchschnitt. Ich war nicht gut genug, um ein guter Formel-1-Fahrer zu sein“, gibt Horner im Gespräch mit Philipp Westermeyer im OMR Podcast offen zu. Dennoch folgen ihm heute bei Instagram rund 1,6 Millionen Menschen – und Horner erzählt, dass er manchmal sogar von Fans nach einem gemeinsamen Selfie gefragt wird.

Der Ruhm des Managers hat nicht nur damit zu tun, dass er einen der erfolgreichsten Rennställe der vergangenen Jahre leitet und damit immerhin für rund 1.200 Mitarbeitende und 500 Millionen Euro Umsatz verantwortlich ist. An seiner Bekanntheit hat auch Netflix einen Anteil. „Drive To Survive“ heißt die Serie, die bei Netflix seit 2019 über die Formel 1 gezeigt wird. Am Anfang, erzählt Christian Horner, habe es sich eigentlich um ein Red-Bull-Projekt gehandelt. Eine Produktionsfirma sollte den Rennstall ein Jahr lang mit der Kamera begleiten. Doch die Formel 1 plädierte dafür, nicht nur einen Rennstall zu zeigen, sondern möglichst alle. „Netflix hat einen Blick hinter die Kulissen ermöglicht, so dass man die Fahrer und die Teams kennenlernt“, sagt Christian Horner. Der Streamingdienst habe eine Schlüsselrolle gespielt, die Formel 1 für eine jüngere Zielgruppe interessant zu machen und neue Fans zu gewinnen. Das erkannte man offenbar letztlich auch bei Mercedes und Ferrari. Die beiden Rennställe hatten sich bei der ersten Staffel noch gegen eine Teilnahme entschieden. Doch dann sahen sie laut Christian Horner den Erfolg und machten mit.

„Serien-Siege sind langweilig, es treibt die Leute von deinem Sport weg“

Christian Horner, Teamchef von Red Bull Racing

Befeuert wird der Erfolg derzeit auch durch den WM-Sieg von Max Verstappen, der damit die jahrelange Dominanz von Mercedes und Lewis Hamilton beendet. „Serien-Siege sind langweilig, es treibt die Leute von deinem Sport weg“, sagt Christian Horner im OMR Podcast. Stattdessen hätten Max Verstappen und Lewis Hamilton für die umkämpfteste Saison der vergangenen 40 Jahre in der Formel 1 gesorgt. Wie Schwergewichtsboxer hätten sich die beiden über 22 Rennen hinweg bekämpft, schwärmt Horner. Das glücklichere Ende gab es am Ende für Red Bull.

Aus Horners Sicht sind solche Siege das wichtigste im Geschäft. Umsätze, Einschaltquoten, Fans, all das seien letztlich Dinge, die sich automatisch entwickeln würden, wenn die Qualität des sportlichen Wettbewerbs stimmt. „Red Bull ist in der Formel 1, weil wir gewinnen wollen“, sagt Horner: „Wir wollen Mercedes schlagen, wir wollen Ferrari schlagen, wir wollen alle anderen Hersteller schlagen.“ Dafür nimmt er dann auch gerne die rund 150 Reisetage in Kauf, die eine Saison eben auch beinhaltet. Wobei: Lange Aufenthalte an den jeweiligen Orten des Rennens sind dabei eher die Ausnahme. Laut Horner reise man üblicherweise donnerstags für das Rennen an und sonntags bereits wieder ab.

Geht es nach Christian Horner, der mit der ehemaligen Spice-Girls-Sängerin Geri Halliwell verheiratet ist, kommen bald auch neue Strecken hinzu: „China ist als Markt sehr wichtig für uns“, sagt der Red-Bull-Manager. Er kann sich aber auch sehr gut Rennen in Südafrika oder Argentinien vorstellen. „Die Formel 1 ist in einer guten Position“, sagt Horner: „Sie kann wählerisch sein, wo sie ihre 23 Rennen stattfinden lässt, weil es so viel Wettbewerb zwischen verschiedenen Märkten gibt.“ In diesem Jahr sollte die Saison, die am 20. März beginnt, erstmals die Rekordzahl von 23 Rennen haben. Aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wurde das Rennen in Sotchi allerdings für diese Saison gestrichen.

Im OMR Podcast verrät Christian Horner, welche Rennstrecken er am liebsten mag, welche Unterschiede es in der Philosophie von Mercedes und Red Bull gibt und wieso die Benzin-Orgie Formel 1 und der Kampf gegen den Klimawandel sich nicht ausschließen.

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Alejandro Agag

Alejandro Agag

Der Spanier ist seit 2012 für die FIA-Elektrorennserie Formula E zuständig. Dort ist er offensichtlich auf den Geschmack des klimafreundlicheren Rennsports gekommen. Alejandro Agag hat die 2021 die elektrische Offroad Rallye Extreme E ins leben gerufen, von der es ab 2024 mit der Extreme H auch einen Wasserstoff-Ableger geben wird.

Lella Lombardi

Lella Lombardi

Die Italienerin ist eine der wenigen Frauen, die jemals in der Formel 1 angetreten sind und die einzige, die 1976 in die Punkteränge fuhr. Das Problem damals wie heute: mächtige Männer, die keine Frauen im Cockpit wollen. Das sagt auch die deutsche Nachwuchsfahrerin Sophia Flörsch, die sofort in der Formel 1 antreten würde, wenn man sie nur ließe.