Es ist ein Gerücht, das seit Jahren immer mal wieder hochkocht, um dann monatelang unbemerkt vor sich hin zu köcheln: Audi und Porsche sollen in die Formel 1 einsteigen. Ein Medienbericht der FAZ verleiht den Gerüchten nun neue Brisanz: Während es Audi auf eine Komplett-Übernahme McLarens abgesehen habe, liebäugle Porsche mit Red Bull. Entweder, um Honda als Motorlieferant zu ersetzen oder um ebenfalls unter der Marke Porsche gegen Mercedes anzutreten. Entscheidungen könnten bereits im Februar fallen. 

Zu Red Bull gehören gleich zwei Rennställe: einer trägt die Eigenmarke und einer heißt Alpha Tauri, eine Bekleidungsmarke von – man ahnt es – Red Bull. Ein Einstieg zweier starker Marken wie Audi und Porsche in der Formel 1 wird von Formel-1-Boss und Ex-VW-Konzern-Mitarbeiter Stefano Domenicali im Sky-Interview begrüßt und brächte sicherlich auch einen gern gesehen medialen Aufschwung mit sich. Doch welche Überlegungen könnten Audi und Porsche, zwei in der jüngeren Vergangenheit immer stärker beim Thema Elektromobilität engagierten Unternehmen, dazu bewegen, in die Formel 1 einzusteigen?

Zunächst gibt es Unterscheide beim geplanten Umfang des Engagements: Audi will McLaren offenbar komplett übernehmen, also nicht nur den Rennstall, sondern auch die Serienfahrzeug-Produktion. McLaren würde sich dann als durchaus prestigeträchtige Marke, die in den 1990er-Jahren aus dem Rennstall hervorgegangen ist, in den Luxus-Verbund rund um Audi eingliedern. Auch Bentley und Lamborghini sind inzwischen eng mit der VW-Marke verflochten. Zur Entwicklung neuer benzin- oder elektrisch betriebener Fahrzeuge könnte man sich dann einfach aus dem Konzernregal bedienen. 

Darf sich Max Verstappen bald über einen Porsche-Overall freuen? Foto: Red Bull

Porsche hingegen scheint flexibel zu sein: Es stehe sowohl zur Debatte, der neue Motorlieferant für Red Bull zu werden, da sich Honda zum Saisonende 2021 aus der Formel 1 verabschiedet hat. Auch eine Übernahme von mindestens einem kompletten Rennstall wäre möglich. Sowohl die Gespräche mit den McLaren-Eignern als auch Red Bull seien vielversprechend. Und mit Volkswagen-CEO Herbert Diess, der in einem LinkedIn-Post die Formel 1 der elektrischen Rennserie „Formel E, die im Spielmodus ein paar Runden in Innenstädten dreht“ vorzieht, ist ein wichtiger Befürworter im Konzern gefunden.

In diesem LinkedIn-Post sagte er jedoch noch etwas: „Die Formel 1, die mit synthetischen Kraftstoffen CO2-neutral wird, ist viel spannender, macht mehr Spaß, bietet ein besseres Rennerlebnis und einen besseren technischen Wettbewerb“ als ihr elektrisches Pendant. Es gibt sehr gute Gründe, das aus motorsportlicher so Sicht zu betrachten Diess Aussage ist jedoch aus mehreren Gründen interessant: Audi und Porsche gehörten zu den frühen Unterstützern der Formel E. Auch wenn Audi mittlerweile ausgestiegen ist, bekennt sich Porsche offenbar entgegen der Wünsche des Chefs weiter zur Formel E. 

Zwischen den Zeilen könnte man hier lesen: Unter dem Deckmantel des Formel-1-Engagements kann der VW-Konzern auch weiterhin an Verbrenner- und Hybridtechnik forschen – im rollenden Entwicklungslabor gewissermaßen und ohne die Bekenntnisse der Konzernmarken zur E-Mobiliät ad absurdum zu führen. Denn: Zwischen 2033 und 2035 will Audi in Europa aus dem Verbrennergeschäft aussteigen und zumindest auf dem Heimatkontinent als rein elektrische Marke auftreten. Porsche  hat das Jahr 2030 als Zielmarke ausgegeben. Dann sollen 80 Prozent der Fahrzeuge als Hybrid- oder E-Fahrzeug angeboten werden. Nur der legendäre 911 soll noch als reiner Verbrenner verkauft und dann mit E-Fuels betankt werden. Eine entsprechende E-Fuels-Fertigung ist im Süden Chiles in Planung. 

Da die Formel 1 im Motoren-Reglement für die Saison 2026 jeweils 50 Prozent E- und Biokraftstoffe voraussetzt, könnte der Einstieg der Performance-Marken also ein spannendes Testfeld sein, um E-Fuels (auf Basis von Wasserstoff und Kohlenstoff) zu erproben. Die Frage ist: Flunkert der Konzern, um weiterhin Verbrennungsmotoren kostensparend und abseits der Serienentwicklung voranzutreiben oder sieht er die Formel 1 als echte Chance, um doch noch einen zweiten Weg neben der E-Mobilität zu erforschen? Einen legitimen Grund dafür gäbe es: In Märkten wie Indien, Südamerika oder Afrika spielt das Thema Elektromobilität bislang kaum eine Rolle.

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Prof. Dr. Maximilian Fichtner

Prof. Dr. Maximilian Fichtner

Für den Leiter des Helmholtz Instituts Ulm ist die Sache eindeutig: Fichtner sieht einen klaren Vorteil für rein elektrische Antriebe. Vereinfacht beschrieben, sei es um ein Vielfaches effizienter Fahrzeuge direkt mit Strom zu beladen statt aus dem Strom zunächst Wasserstoff und E-Fuels zu generieren. Eine Tankfüllung koste ihm zufolge auch in den 2030er-Jahren noch rund 300 bis 400 Euro und lohne sich nur für sehr wenige Fahrer:innen von Oldtimern oder Sportwagen.

Susie Wolff

Susie Wolff

Wie klein die Motorsport-Welt ist: Die ehemalige Formel-1-Fahrerin Susie Wolff  ist seit 2016 Expertin für den Sport beim britischen Fernsehsender Channel 4. 2018 übernahm sie in der Formel E den Posten der Teamchefin für Venturi Racing, für den ab kommender Saison Ex-Audi-Fahrer Lucas di Grassi fährt. Susie Wolff ist mit Toto Wolff verheiratet, dem Chef des Formel-1-Teams von Mercedes.