„Elektromobilität ist wichtig, aber sie ist nicht radikal“
Mit Lynk & Co. will CEO Alain Visser zeigen, dass man eine Automarke aufbauen kann, bei der es nicht auf's Auto, sondern auf Services ankommt
Der Gast der neuen Folge des FUTURE MOVES Podcasts ist ein Mann, der mit seiner beruflichen Vergangenheit gebrochen hat. Also zumindest mit vielen Grundprinzipien der Branche, in der er seit bald 40 Jahren arbeitet. „Es ist das erste Mal in meiner Karriere, dass ich etwas tue, woran ich 100 Prozent glaube“, sagt Alain Visser.
Visser war für General Motors, Opel und Volvo tätig. Seit 2015 ist er CEO von Lynk & Co. Die neue Marke wurde vom chinesischen Autokonzern Geely gestartet. Der hatte im Jahr 2010 den schwedischen Hersteller Volvo übernommen. Mit der optisch an Volvo angelehnten Marke Lynk & Co soll eine jüngere Zielgruppe angesprochen werden.
„Das erste Mal tue ich etwas, woran ich 100 Prozent glaube“
Alain Visser
Für Visser war der neue Job die Gelegenheit, ein paar Dinge endlich einmal anders zu machen. Lynk & Co bietet seine Autos beispielsweise in erster Linie im Abo an. „Wir sehen uns so ein bisschen wie das Spotify oder das Netflix der Autoindustrie“, sagt Visser. Wobei sich dieser Vergleich nur auf die Einfachheit des Besitzmodells bezieht. Denn anders als bei den Streaming-Anbietern gibt es gerade keine größtmögliche Auswahl, sondern bislang nur ein Modell und das auch nur in zwei Farben.
Dafür spielt die Brand mit innovativen Features, die für Visser aber mehr als Gimmicks sind. Beispielsweise die Sharing-Funktion, die demnächst auch aktiv beworben werden soll. Über die App von Lynk & Co können Autobesitzende ihr Fahrzeug mit anderen teilen – was tatsächlich erstaunlich viele bereits tun würden, so Visser.
Vissser baut seine Marke von einer für die Autoindustrie ungewöhnlichen Ausgangsüberlegung auf: Nehme man die Luftfahrt als Beispiel, so sei es den Kund*innen in der Regel egal, ob sie in einem Airbus oder eine Boeing-Maschine sitzen. Den Unterschied mache das Serviceangebot.
Darum sind für ihn Mobilitätsmarken wie Uber die spannenderen Player, wenn es um die Zukunft des Autos geht. Und auch Lynk & Co positioniert er nicht in erster Linie als Automarke. Die Brand betreibt keine Autohäuser, sondern sogenannte Clubs in bester Innenstadtlage. Das machen andere auch, aber bei denen sind es trotzdem Showrooms. Lynk & Co dagegen veranstaltet in seinen Clubs Konzerte und verkauft dort nachhaltig produzierte Bekleidung und Hipster-Accessoires kaufen. Manchmal, wie im Club in Rom, steht dort nicht einmal ein Auto.
Visser spart nicht mit Kritik an der traditionellen Autoindustrie, die er für unfähig zu echter Veränderung hält. „Elektromobilität ist wichtig, aber sie ist nicht radikal“, sagt Visser. Und darum hat er auch schnell eine Antwort parat, wenn er gefragt wird, Lynk & Co dem Beispiel Uber folgen könnte und am Ende gar keine Automarke mehr sein will: „Ja, genau.“
Über diese Themen spricht Alain Visser im FUTURE MOVES Podcast:
… die Idee hinter der Gründung von Lynk & Co (00:00)
… neue Besitz- und Vertriebsmodelle (05:31)
… das Teilen von Fahrzeugen (16:18)
… Nachhaltigkeit, Modellpalette und Wachstumspläne (25:18)
… sein Verhältnis zu klassischen Autobranche (27:57)
… wie Visser über Multimodalität denkt (34:34)
… Vorbilder für den Ansatz von Lynk & Co (41:01)
… das erreichen der Profitabilität (44:17)
… seine Karriere in der Autoindustrie (44:35)
… die Unbeweglichkeit deutscher OEMs (49:00)
… Mobilität in zehn Jahren (52:15)
… seinen „Mix der Woche“ (56:28)