Was kostet die eigene Mobilität? Vor allem wer vornehmlich das Auto nutzt, tappt hier oft im Dunkeln. Zu den im Alltag stets offensichtlichen Kosten wie Tanken kommen reichlich Posten hinzu, die mitlaufen: Steuern, Reparaturen, die monatlich abgebuchte Stellplatzmiete. So summierten sich die realen Kosten je nach Fahrzeug schnell auf mehrere Hundert Euro im Monat, sagt Jannis Linke. „Eigentlich hat niemand einen wirklichen Gesamtüberblick über seine Mobilitätskosten.“ 

Linke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Institut für Mobilität der Universität St. Gallen. Das erprobt derzeit, welche Methoden geeignet sind, Menschen zu einer nachhaltigen Veränderung ihres Mobilitätsverhaltens zu bewegen. Den Leuten vorzurechnen, wie viel Mobilität sie für denselben Preis bekommen, den sie aktuell für ihr Auto bezahlen, sei dabei nur der erste Schritt, sagt Linke. Viel wichtiger sei es dann, diese Erkenntnis in veränderte Routinen zu übersetzen. Und genau das war in den vergangenen Monaten seine Aufgabe als „New Mobility Buddy“.

„Die Komplexität des Angebotes ist ein hemmender Faktor“

Jannis Linke

Die Studie „New Mobility Buddies“ befindet sich aktuell in der Auswertungsphase. Ehe die Ergebnisse voraussichtlich im März 2023 veröffentlich werden, gewährt Jannis Linke im FUTURE MOVES Podcast bereits einen ersten exklusiven Einblick. 20 Haushalte in Deutschland und der Schweiz wurden vier Monate lang von Jannis und weiteren New Mobility Buddies gecoacht und mit Aufgaben gechallenged. 

Es ging etwa darum, einen Monat lang komplett mit dem ÖPNV statt dem Auto unterwegs zu sein, für alltägliche Besorgungen ein Lastend zu nutzen oder sich ein Auto mit den Nachbar*innen zu teilen. Die Teilnehmer*innen protokollierten dabei per App ihre Mobilität und wurden regelmäßig ausführlich befragt. Dabei kam nicht nur ans Licht, dass es aufseiten der Mobilitätsnutzenden falsche Annahmen gibt, sondern auch bei den Anbietern.

„Ich glaube, die Mobilitätsbranche denkt häufig, dass sie ein sehr gutes Angebot hat“, sagt Linke. Aber ein guter Dienst sei nur ein Teil davon. Wichtig sei der unkomplizierte Zugang. Denn grundsätzlich, das habe die Studie gezeigt, wollten sich die Menschen möglichst wenig mit der Organisation von Mobilität befassen. Ein wichtiger Aspekt, vor allem vor dem Hintergrund einer stehenden Zahl von Optionen von E-Scooter über Ridepooling bis Carsharing „die Komplexität des Angebots ist ein hemmender Faktor“, sagt Linke. Die Menschen wollten „einfach ihr eines, stetiges Angebot haben.“ Hier könne dann beispielsweise an Anknüpfungspunkt für Verkehrsbetriebe sein.

Die Studie „New Mobility Buddies“ ist der erste Forschungs-Case, der aus dem im März 2022 gegründeten Future Mobility Lab hervorgegangen ist. Hinter diesem Konsortium steht eine unerwartete Mischung von Akteuren: Neben dem Institut für Mobilität an der Universität St. Gallen waren die Transformations-Beratung Systemiq sowie die Kommunikationsagentur Fischer Appelt an der Gründung beteiligt. Mittlerweile sind weiterer Akteure aus diversen Feldern dazugestoßen. Die Stadt Zürich ist dabei, die Schweizerischen Bundesbahnen, die Berliner Verkehrsbetriebe BVG, aber auch Volkswagen Financial Services.

Das erklärte Ziel des Future Mobility Labs ist es, „realen Einfluss auf das Mobilitätsverhalten zu nehmen und die gegenwärtige Mobilitätswende (…) mitzugestalten“. Die Erkenntnisse aus der Studie „New Mobility Buddies“ könnten dazu einen Beitrag leisten. Welche Faktoren ein Überdenken des eigenen Mobilitätsverhaltens begünstigen und welche dabei eher hinderlich sind, wieso Apps der vielleicht wichtigste Schlüssel zur Verkehrswende sind und warum der Wunsch, die Umwelt zu schützen, dabei nur eine untergeordnete Rolle spielt, das erzählt Jannis Linke in der neuen Episode des FUTURE MOVES Podcast.

Über diese Themen spricht Jannis Linke im FUTURE MOVES Podcast:

… das Future Mobility Lab und die Studie „New Mobility Buddies“ (2:36)

… welche Motivation die Teilnehmer*innen mitbringen (6:50)

… das Unwissen über die Kosten der eigenen Mobilität (8:53) 

… wie man Menschen zum Testen von Alternativen bringt (13:38) 

… warum Konzepte individuell zugeschnitten werden müssen (23:30)

… die Usability von Mobilitäts-Apps als zentraler Faktor (26:25)

… Unterschiede in Stadt und Land (34:42) 

… die Rolle der Arbeitgeber bei der Mobilitätswende (41:36)

… Maßnahmen, die am besten adaptiert werden (43:12)

… den Faktor Nachhaltigkeit der eigenen Mobilität (45:00)

… die geringe Bandbreite tatsächlich genutzter Angebote (50:28)

… das Potenzial von Flatrate-Modellen und Mobilitätsbudgets (52:39)

… effektive Maßnahmen, Konzepte und Produkte (55:18)

… Zugang zu Mobilität für Menschen mit Einschränkungen (59:03)

… CO2-Limits als noch zu wenig genutzte Steuerungsgröße (1:03:02)

… seinen „Mix der Woche“ (1:04:37)