Wie Unparkd Städte von rumstehenden Campern befreien will
Unparkd bietet Camping-Busse im Abo an, Abonnent:innen reduzieren die Rate durch Verleihen. Die höhere Auslastung könnte Innenstädte von dauerparkenden Campingbussen befreien
„Ich habe den Bezug zur Natur und zum einfachen Lebensstil“, sagt Tobias Wagner. Da sei Vanlife und Camping „total sinnvoll“ und es war quasi folgerichtig, dass er drei Jahre lang in einem Nissan e-NV 200 gewohnt hat. Der Münchner ist Mitgründer von Zero Campers, einer Vermietung von elektrischen Wohnmobilen. Das Start-up steht noch am Anfang, verfolgt aber bereits eine weitere Idee: rein elektrisch angetriebene Camper im Abo anzubieten, um so die Standzeiten zu verringern und die Kosten zu senken.
Auf die Idee, Camper mit konventionellem Verbrennungsmotor auf E-Antrieb umzurüsten, kam aus eigenem Bedarf und Überzeugung. Denn so ein Umbau sei zwar nicht simpel, biete aber viele praktische Vorteile, so Wagner: „Mit so einer Batterie kannst du alles machen: Fahren, kühlen, heizen, kochen. Es ist genial, so viel Energie zu haben.“ Doch die wenigsten hatten schon mal Kontakt zu E-Autos, geschweige denn E-Wohnmobilen. „Es macht total Sinn, die Leute so an das Thema heranzuführen. Man kann ein Elektroauto auf der Langstrecke ausprobieren. Ein Urlaub eignet sich perfekt dafür.“
„Der Traum sind 100 Prozent Auslastung“
Tobias Wagner, Gründer Unparkd
Das scheinen viele Menschen genauso zu sehen. Die Flotte sei zumindest in der Saison immer vermietet, so Wagner. Dennoch zögern er und seine beiden Mitgründer, weitere Fahrzeuge anzuschaffen. „Wir haben uns gefragt: Wie geht es mit der Flottenexpansion weiter?“, erinnert sich Wagner. „Das kann man nur falsch entscheiden. Man kann entweder zu wenig Autos haben, dann lässt man das Potenzial liegen oder man hat viel zu viele Fahrzeuge und hat dann auch eine schlechte Wirtschaftlichkeit. Der Traum eines jeden Vermieters sind 100 Prozent Auslastung.“
Im neu aufkommenden Abo-Trend findet Wagner einen Weg, der es ihm ermöglicht, Zero Campers organisch zu vergrößern – und im Winter keine vollen Parkplätze und leere Orderbücher zu haben. Wagner gründet darum die Untermarke „Unparkd“, die einen Teil dazu beitragen könnte, die Innenstadt von der Flut herumstehender Camper ein Stück zu befreien.
Neue Camper schafft Unparkd nur an, wenn sie auch benötigt werden. Das kann zwar zu langen Wartezeiten führen, für Umwelt und Geschäft jedoch gut. Abonnent:innen wählt Unparkd händisch aus: Autos gehen nur an Menschen in Städten mit mehr als 250.000 Einwohner:innen, um eine möglichst hohe Auslastung zu erzielen. Denn: „Es bringt einen gewissen Nachhaltigkeitsaspekt mit sich, wenn die Fahrzeuge fahren und nicht viel Platz verbrauchen“, erklärt er.
Klar: Dass fünf Haushalte fünf Camper für teures Geld anschaffen, um sechs Wochen im Jahr damit herumzufahren und den Rest des Jahres in der Großstadt zu parken – das ergibt wenig Sinn. Viele erkennen das laut Wagner auch schon und bieten ihr Fahrzeug bei Paul Camper an, einer privaten Wohnmobilvermietung. „Die Journey ist eigentlich mega wild.“ Erst kaufe man, dann nutze man kaum, dann vermiete man, um sich Geld dazuzuverdienen und hat insgesamt mehr Aufwand und Stress.
„Übergabe und die Reinigung sind die größten Störfaktoren“
Tobias Wagner, Unparkd
Die vorgeschlagene Lösung von Unparkd: Ein Haushalt abonniert einen Camper ab gut 500 Euro pro Monat – und mit Hilfe einer Telematikeinheit bekommen andere Zugriff auf das Fahrzeug. Damit alles möglichst stressfrei abläuft, tritt Unparkd als Full-Service-Anbieter auf: „Die Übergabe und die Reinigung sind die größten Störfaktoren. Alles muss entweder digital passieren oder von uns übernommen werden“. Die Fahrzeuge werden nach der Rückgabe also von einem Reinigungsteam gereinigt.
Unparkd-Camper werden über die gängigen Plattformen angeboten. Bucht jemand, werden die Abonnent:innen darüber informiert und bekommen für jeden Tag, den der Camper verliehen ist, einen Betrag gutgeschrieben. Kommen genügend Buchungen zusammen, können sie mit ihrem Camper sogar Geld verdienen. Dazu muss man allerdings Anfragen für mindestens 25 Tage annehmen. Möchten die Abonnent:innen das Fahrzeug für den Urlaub selbst nutzen, können die das Auto reservieren, was allerdings die Abogebühr nach oben treibt. Alternativ können Abonnent:innen darauf spekulieren, dass das Auto nicht reserviert wird. Dann fällt keine Extragebühr an. Wie gut die Kund:innen diese Preislogik annehmen, muss ich zeigen. Wagner betont, dass die Autos nicht nur fürs Camping geeignet sind, sondern auch für Ausflüge, Umzüge oder den Großeinkauf.
In Zukunft will er auch den B2B-Markt erschließen und E-Camper an Firmen vermieten. Auch die könnten so die Kosten ihres Fuhrparks drastisch reduzieren und Fahrzeuge am Wochenende Mitarbeitenden überlassen – entweder kostenlos oder eben gegen Gebühr. Das überlegt er auch für seine eigenen Unternehmen, die er neben Zero Campers und Unparkd führt. Der überzeugte Camper ist aus seinem Nissan e-NV 200 mittlerweile ausgezogen – aber nicht, weil er mehr Komfort wollte. Ganz im Gegenteil: „Das war mir dann ein bisschen zu luxuriös und jetzt wohne ich in einem Dachzelt auf meinem Elektroauto.“ Günstiger als eine Wohnung in München ist das allemal.
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Tobias Wagner
E-Mobilität zieht sich durch die Vita des Münchners. Nachdem er Werksstudent bei Tesla war, hat Tobias Wagner nach Stop bei The Mobility House ChargeX gegründet – im Kern stellt er Mehrfachsteckdosen für E-Auto-Wallboxen bereit. Neben Zero Campers und Unparkd gibt es zudem noch ein E-Auto-Brettspiel von Wagner.
Dirk Fehse
Seit bald zehn Jahren ist der Pionier Paul Camper im Geschäft. Die von Dirk Fehse mitbegründete und als CEO geführte Plattform hat das AirBnB-Modell auf Campingsvans übertragen und listet nach eigenen Angaben inzwischen mehr als 12.000 Fahrzeuge aus Privatbesitz und von kommerziellen Anbietern.