Wie steht es um die Wasserstoff-Strategie von Airbus?
Airbus hat sich zum Ziel gesetzt, ein nachhaltiges Wasserstoff-Flugzeug für die Masse zu konstruieren. Wo liegen die Schwierigkeiten?
„Wir haben den Countdown gestartet. Nur ja keinen Druck, Airbus“, scherzt Johan Lundgren, CEO von Easyjet in Richtung des Flugzeugbauers. Airbus hat kürzlich in einer Pressekonferenz die Nachhaltigkeitsstrategie vorgestellt: 2035 will Airbus nach eigenem Versprechen den ersten Wasserstoff-Flieger auf den Markt bringen. Der Countdown wird also noch mindestens 13 Jahre laufen.
Damit Wasserstoff die Luftfahrt grundlegend verändern kann, sind noch einige technischen Fragen zu klären und Hürden zu nehmen. FUTURE MOVES stellt die Pläne von Airbus vor und hat mit Björn Nagel, Gründer und Direktor des Instituts für Systemarchitektur von Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt darüber gesprochen.
Zunächst zu den Airbus-Projekten selbst: Unter dem Namen „ZeroE“ forscht Airbus an drei verschiedenen Modellen eines Wasserstoff-Flugzeugs. Turbotriebwerke sollen das Flugzeug mit dem Projektnamen „Turbofan“ antreiben. Es handelt sich um zwei hybride Wasserstofftriebwerke. Es wird also einerseits Wasserstoff als Antrieb verbrannt, andererseits hilft ein elektrischer Motor insbesondere beim Start aus. Der Wasserstofftank, zumal Wasserstoff viermal so viel Platz wie Kerosin braucht, entsprechend groß, soll sich im Heck des Fliegers befinden. Bei Wasserstoffflugzeugen muss stets das Gleichgewicht zwischen Volumenverlust für den Kraftstoff oder Verlust der Reichweite gefunden werden. Der Flieger soll bis zu 200 Passagiere beherbergen und rund 3.700 Kilometer Reichweite besitzen. Damit würde die Strecke München-St. Petersburg drin liegen, nicht aber München-New York.
Modell Nummer zwei nennt sich „Turboprop“. Im Unterschied zum „Turbofan“ wird das Flugzeug von Propellern angetrieben, der Wasserstoff-Speicher befindet sich nach wie vor im hinteren Teil des Flugzeugs. Nur mit halb so vielen Passagieren und halb so weit soll der „Turbofan“ fliegen können. Dank rund 1.800 Kilometern Reichweite kann der Flieger die Strecke von München nach Athen noch zurücklegen, nach Kairo fliegt er allerdings nicht.
Das dritte Flugzeug „Blended-Wing Body“ sieht futuristisch aus. Der Körper soll deutlich breiter werden und dadurch mehr Platz für Wasserstoff bieten, angetrieben wird das Luftgefährt von einem Triebwerk. Wie das erste Modell sollen 200 Passagiere auf einer Strecke von 3.700 Kilometern transportiert werden können. Wie FUTURE MOVES weiß, hat sich Airbus noch nicht für eine der drei Varianten entschieden. Sie testet die verschiedenen Antriebe derzeit an einem A380.
„Die Technologien zum Umgang mit kryogenen Stoffen sind extrem anspruchsvoll“
Björn Nagel, Gründer und Direktor des Instituts für Systemarchitektur am DLR
Airbus will keine weiteren Angaben zum aktuellen Stand des Projekts machen, entsprechende Anfragen von FUTURE MOVES blieben unbeantwortet. Was sicher ist: Einige Hürden muss der Flugzeughersteller noch nehmen. Eine entscheidende Schwierigkeit stellt Wasserstoff selbst dar. Es wird im flüssigen Zustand bei minus 253 Grad an Bord genommen. „Die Technologien zum Umgang mit kryogenen Stoffen sind extrem anspruchsvoll und es stellt sich eine besondere Herausforderung für die Ingenieure, diese Technologien entsprechend der sehr hohen Sicherheitsstandards der Luftfahrt in bestehende Flugzeuge zu integrieren“, sagt Björn Nagel, Gründer und Direktor des Instituts für Systemarchitektur in der Luftfahrt, am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Bevor das Wasserstoff-Flugzeug abheben kann, muss sichergestellt werden, dass es zu keinen negativen Wechselwirkungen kommt. Der Teufel steckt im Detail.
Eine Alternative zur kompletten Neukonstruktion eines Fliegers, wie Airbus dies nun plant, wäre die Umrüstung eines bestehenden Linienflugzeugs. „Dies ist nicht auszuschließen“, so Nagel gegenüber FUTURE MOVES. Die Firma Universal Hydrogen arbeite bereits an kleinen Wasserstoff-Kapseln, welche in den Frachträumen transportiert werden können. „Solche Flugzeuge hätten nur eine extrem kurze Reichweite im Passagierbetrieb. Gut vorstellbar ist die Umrüstung von Frachtflugzeugen“, so der Experte weiter. Eine Umrüstung hätte den zusätzlichen Vorteil, dass nach der Einführung von Wasserstoffflugzeugen die alte Generation weiterbetrieben werden kann und die Airlines ihre Investitionen schrittweise tätigen können.
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Björn Nagel
Er ist Gründer und Direktor des Instituts für Systemarchitektur in der Luftfahrt, am Deuschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Björn Nagel arbeitet seit 23 Jahren beim DLR. Er begann als Hochschulpraktikant, wurde Ingenieur und Abteilungsleiter.
Johan Lundgren
Der schwedische Geschäftsmann ist seit 2017 CEO von Easyjet. Ursprünglich wollte Johan Lundgren Posaunenspieler werden, nach einem Studium in klassischer Posaune hängte er allerdings noch ein Wirtschaftsstudium an. Lundgren stieg innerhalb der TUI-Gruppe auf und wurde 2007 Vorstandsmitglied, bevor er zu Easyjet wechselte.