Dank Carsharing hüpfen wir von Auto zu Auto und stellen es bequem überall (legal) ab. Dank Carsharing wissen wir auch, wie unterschiedlich die Bedienung von Autos sein kann: Der Fensterheber mal in der Mitte mal in der Tür, der Warnblinker mal oben oder unterm Armaturenbrett, der Scheibenwischer sitzt mal am Blinkerhebel, mal bekommt er einen eigenen Lenkstockhebel. Wir können froh sein, dass die Position von Lenkrad, Blinker und Pedalen vorgegeben ist, denn richtig haarsträubend wird’s bei den Navis.

Fiat und Jeep haben winzige Displays und nur eine schmale Leiste für die wichtigsten Funktionen am unteren Rand. VW, Škoda und Seat setzen in der MIB3 genannten aktuellen HMI-Generation auf einen smartphone-artigen Aufbau mit Apps auf einem etwas größeren Display mit einer Handvoll Schnellzugriff-Tasten. Und im Premiumbereich bauen Tesla, Audi und Mercedes immer größere Displays mit immer weniger Knöpfen ein. Alles nicht so schlimm, wenn einem das Auto gehört und man viele Monate oder Jahre lernen kann, aber wenn man nur mal schnell eines mieten möchte? Einfach einsteigen und losfahren? Schon lange nicht mehr. FUTURE MOVES-Redakteur Max Wiesmüller formuliert fünf Wünsche an jedes HMI.

Wunsch 1: Bitte keine Cluster, sondern aus Kundensicht denken

Kürzlich hatte ich für mehrere Tage einen Fiat 500 gemietet. Jedes Untermenü wurde offenbar von einem anderen Zulieferer entwickelt, weshalb man sich von Menü zu Menü in völlig unterschiedlichen Logiken bei der Bedienung wiederfindet. Das habe nicht mal ich verstanden, und ich bin nicht nur technisch versiert, sondern vor allem auch bereit mich damit auseinanderzusetzen. Geht das nicht besser? Vielleicht gibt’s ja im nächsten Fiat 500 HMI-Hilfe von Stellantis.

Wunsch 2: Apple CarPlay und Android Auto drahtlos

Dann gibt es eine Handvoll Hersteller, die glauben, dass ihre Systeme den mit dem Smartphone mitgebrachten Apple CarPlay und Android Auto überlegen sind. Das mag bei einigen Premium-Anbietern auch sein, ist aber Definitionssache. Wo liegt der Schwerpunkt der Benutzer:innen? Wollen sie sich den RSS-Feed von tagesschau.de vorlesen lassen, den Innenraumduft von Rose auf Pfirsich ändern oder wollen sie Radio, Navi und Telefonie möglichst schnell und intuitiv steuern? Apple CarPlay und Android Auto sind das Mittel der Wahl aller Sharer:innen, Mieter:innen und Kurzzeitnutzer:innen. Bitte wie BMW oder VW fortan konsequent drahtlos einbauen, dann wird’s noch einfacher.

Wunsch 3: Expert:innen-Einstellungen für mich, Easy-Modus für Mama

Apropos RSS-Feed und Pfirsichduft: Meine Mama weiß vermutlich nicht, wie man ihr iPhone mit dem Auto koppelt. Sicher könnte sie sich damit befassen, aber sie hat wohl kein Interesse daran. Sie will einfach die drei wichtigsten Funktionen Navi, Telefon und Musik nutzen. Die Lösung wäre einfach: einen Benutzer:innen-Modus für den Standard-Gebrauch. Schließlich gibt’s beim WLAN-Router ja auch nicht nur ausschließlich ein Expert:innen-Menü, sondern immer auch eine Schnelleinrichtung für IT-Laien.

Wunsch 4: Einstellungen mitnehmen

Große Displays, synchronisierte Einstellungen – in China Standard. In Europa sind diese Funktionen noch rar gesät. Foto: Tesla

Wenn man häufig mit unterschiedlichen Autos eines Herstellers fährt, gibt es seit einiger Zeit immerhin rudimentäre Möglichkeiten, Einstellungen mitzubringen. Mittels einer ID, wie wir sie vom Smartphone kennen, klappt das bei einigen Autobauern schon ganz gut. Doch so wirklich im Ziel ist man noch nicht. Oft überspringt man dieses Featuren am Ende doch, weil die Einrichtung letztlich zu kompliziert oder langsam ist.

Gerade im Carsharing fragt man sich: Ist es denn nötig, dass ich die Lichteinschalt-Automatik und die Klimaanlage jedes Mal einschalten muss, die Temperatur von 32 auf 21 Grad absenken und meinen Lieblingssender jedes Mal neu einstellen? Oder kann das nicht mein Carsharing-Konto für mich erledigen – schon bei der Reservierung oder spätestens, wenn ich mein Smartphone in die Handy-Ablage lege?

Wunsch 5: Größere Displays

Mehr oder weniger radikal verschwinden die Knöpfe aus den Autos. Die Displays wachsen aber in vielen Fällen trotzdem nicht. Schon 2019 wurde vorhergesagt, dass es künftig mehr um die Anzeige als um Leistung in PS geht, und in China scheint das bereits der Fall zu sein. Dort geht der Trend, etwa beim im Dezember vorgestellten Nio ET5, hin zu riesigen Displays, wie wir sie sonst nur von Tesla kennen, und Sprachassistenz. Manch einer mag munkeln, dass das Ende der Displays naht, weil sogar eine Augmented-Reality-Brille für Passagiere (und bald auch autonome Fahrer:innen?) beim ET5 an Bord ist. Dabei wünschen wir uns einfach nur schön große Displays ohne Fummeleien. Bin ich damit allein?

Wer kann’s richtig gut?

Auch wenn Tesla schon große Displays und eine umfassende Vernetzung mit dem Smartphone bietet: So richtig intuitiv sind die elendlangen Optionslisten im Menü nicht. Das wird immerhin durch die hohe Automatisierung des Navigationssystems kompensiert. Spannend ist auch, wohin die Reise geht: Incari aus Berlin zeigt auf YouTube, wie Autohersteller mit einem neuartigen User-Interface den digitalen Anschluss schaffen könnten. Und die mit dem Hummer EV gibt es erstmals eine Kooperation zwischen Fortnite-Erfinder Epic Games und einem Autobauer. Das Ergebnis kann sich nicht nur sehen lassen, sondern zeigt, wie sich HMIs künftig zielgruppengerechter gestalten lassen.

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Elon Musk

Elon Musk

Bei vielen Tesla-Fans und -Fahrer:innen ist der Kopf hinter Tesla deshalb so beliebt, weil er oft auf seine Kund:innen hört. Seine Quelle der Inspiration ist sicherlich in erster Linie Twitter, wo er fast täglich mit Tesla-Fahrer:innen korrespondiert. So hat er auf Druck vieler Kund:innen die Funktion, Zwischenziele für die Navigation hinzuzufügen, per Update bereitgestellt.

Peter Rössger

Peter Rössger

Der HMI-Experte Peter Rössger sieht in den letzten Jahren wesentliche Verbesserungen im Bereich der Sprachsteuerung. Für die nächsten rund zehn Jahre sagt er eine Koexistenz zwischen Sprach- und Touch-Bedienung vorher. Dann solle sich eine Neigung zu einer der beiden Techniken einstellen. Gestensteuerung betrachtet er als „künstlichen Kommunikations-Layer ohne wirklichen Mehrwert“.