Wieso zieht jemand in ein Parkhaus? Im Fall von Björge Köhler hat das viel mit seinem Job zu tun. Der Architekt und Stadtplaner arbeitet für das Hamburger Stadtentwicklungsbüro Urbanista. „Die Stadt von übermorgen“ heißt ein Projekt, an dem er beteiligt ist. Dabei geht es im die Frage, welche Trends die Transformation der urbanen Raum bestimmen und mit welchen Strategien, man Bewohner*innen zu Mitgestalter*innen dieses Prozesses macht.

Das Parkhaus, das zum „Park-Haus“ werden soll

„Die autogerechte Stadt hat uns sehr viel Infrastruktur hinterlassen“, sagt Köhler im FUTURE MOVES Podcast. Und nun müssten wir gucken, was sich mit den bald überflüssigen Straßen, Parkhäusern und Tankstellen anstellen lässt. Wobei er es nicht bei der Theorie belässt. Als sich die Gelegenheit bot, ein altes Parkhaus in der Hamburger Innenstadt in ein Gebäude für Wohnen und Arbeiten umzubauen, entschied Köhler sich zum Pionier und Praktiker der urbanen Transformation zu werden. 

Er und ein paar andere Experimentierfreudige taten sich zusammen, reichten ein Konzept ein und bekamen den Zuschlag. Wo bislang in zentraler Altstadtlage in einem düsteren Betonklotz Autos abgestellt wurden, sollen in zwei bis drei Jahren in lichtem Ambiente mit viel Holz 180 Menschen leben und arbeiten. Das Parkhaus-Projekt Gröninger Hof ist zugleich ein Reallabor für die größte Herausforderung des Stadtumbaus seit dem Boom der autogerechten Stadt: deren Rückbau.

„Wir sollten aufhören, Räume zu schaffen, die wir in wenigen Jahren nicht mehr brauchen.“

Björge Köhler, Architekt und Stadtplaner

„Im Jahr 2020 standen wir auf dem Dach von diesem Parkhaus und haben runter geschaut“, erzählt Köhler im FUTURE MOVES Podcast. „Und dann schaut man auf diese ganzen Verkehrsflächen und fragt sich: Braucht es diesen Raum?“ Die Verkehrswende bedeutet nicht nur eine radikal andere Art urbane Mobilität zu organisieren. 25 Prozent aller Flächen in der Stadt sind aktuell noch dem Verkehr gewidmet. Ein gewaltiges Potenzial, unsere Städte neu zu erfinden. Was nicht heißt: neu zu bauen.

So soll der Gröninger Hof einmal aussehen. Illustration: Duplex Architekten

„Wir müssen vom Bestehenden ausgehen“, sagt Köhler. Anders als früher gehe es nicht mehr darum, überflüssig gewordene Infrastruktur abzureißen und zu ersetzen. „Wir müssen gucken, was ist da, und darauf aufbauen und es optimieren.“ Wobei dieser Prozess nicht von alleine anrollen wird. Tatsächlich nehme in Hamburg die Zahl der Tiefgaragen-Stellplätze aktuell sogar zu. „Wenn wir die Verkehrswende ernsthaft angehen wollen“, sagt Köhler, „sollten wir aufhören, Räume zu schaffen, die wir in fünf, zehn, 20 Jahren überhaupt nicht mehr brauchen.“

Darum sei es wichtig, ein Bild dieser Zukunft zu malen; die Stadt mit weniger oder ganz ohne Autos für jede*n vorstellbar zu machen. Denn: „Es gibt viel Veränderungs-Angst“, so Köhler. Darum sei das Parkhaus-Projekt Gröniger Hof „ein großes Symbol“. Ein Autohaus, das zu einem Lebensort für Menschen wird, dieses bunte Bild löse positive Reaktionen aus.

Denn bei aller Furcht vor dem Unbekannten und Neuen – letztlich sehnten sich die Menschen nach einer Stadt, in der das Auto eine absolut untergeordnete Rolle spielt, so Köhler im FUTURE MOVES Podcast: „Wenn man die Menschen mal ergebnisoffen fragt, was für eine Zukunft oder was für Städte sie sich träumen,

Denn bei aller Furcht vor dem Unbekannten und Neuen – letztlich sehnten sich die Menschen nach einer Stadt, in der das Auto eine absolut untergeordnete Rolle spielt, so Köhler im FUTURE MOVES Podcast: „Wenn man die Menschen mal ergebnisoffen fragt, was für eine Zukunft oder was für Städte sie sich träumen, ist das oft sehr kleinteilig und sehr langsam und sehr grün und sehr gemütlich.“

Über diese Themen spricht Björge Köhler im FUTURE MOVES Podcast:

… seinen „Mix der Woche“ (2:17)

… das Parkhaus-Projekt und die Idee Bestand nutzen statt neu bauen (3:16)

… die Nutzung von Flächen, die durch die Mobilitätswende frei werden (9:54)

… das Quartiers-Projekt „Altstadtküste“ (12:34)

… die „europäische Stadt“ und die „15-Minuten-Stadt“ (16:45)

… Storytelling, Bilder, Trends und Visionen in der Stadtplanung (20:00)

… bisherige Bewohner*innen und Veränderung ihrer Viertel  (23:37)

… wie man Betroffene in Planungsprozesse einzubinden (25:15)

… flexiblere Planung bei langfristigen Infrastrukturprojekten (26:53)

… die Umsetzbarkeit von Großprojekten heute (30:06)

… die Digitalisierung von Partizipation (36:11)

… Smart-City-Konzepte und das Reißbrett-Projekt Neom (37:17)

… die Stadt der Zukunft als Raum für Gemeinschaft (40:00)