„Die Klimakrise regelt sich nicht von meiner Couch aus“
FUTURE MOVES Podcast #31: Lea Bonasera, Mitgründern der Klima-Aktionsgruppe Letzte Generation, über Autobahn-Blockaden, ihre Angst und zivilen Widerstand als letztes Mittel
Wenn die Klima-Aktivist:innen der Letzten Generation in der Pressemeldung zu ihrer jüngsten Straßenblockade von einem „Vorgeschmack auf einen turbulenten Herbst“ schreiben, dann ist das genau so gemeint. Denn nach dem Ende ihrer selbst verordneten „Sommerpause“ will die Gruppe demnächst wieder auf die Straße gehen. Die vergangenen Wochen hat die Letzte Generation genutzt, durch Dutzende Vorträge neue Mitstreiter:innen zu gewinnen. Darum dürfte der Effekt ihrer Aktionen massiver denn je werden.
Die Letzte Generation gilt als jüngster Schrecken aller Autofahrenden. Bei ihren Blockaden, die bevorzugt den Berufsverkehr lahmlegen, fixieren sich die Mitglieder dieser Gruppe mit Spezialkleber auf dem Asphalt und müssen im Anschluss in einer langwierigen Prozedur von der Fahrbahn gelöst werden. Diese Radikalität bei der Wahl der Mittel hat der Letzten Generation reichlich Kritik eingebracht. Zugleich erfährt die Gruppe – wohl auch aufgrund der Konsequenz, mit der sie für ihre Anliegen einsteht, und dem Mut zum persönlichen Risiko – wachsende Solidarität, wie Letzte-Generation-Mitgründerin Lea Bonasera Im FUTURE MOVES Podcast berichtet.
Begonnen hat der steile Aufstieg der Letzten Generation vor ziemlich genau einem Jahr. Am 30. August 2021 trat eine Gruppe von sieben jungen Menschen unweit des Bundeskanzleramts in einen Hungerstreik. Das Ziel der Gruppe: den damaligen Kanzlerkandidat:innen von CDU/CSU, SPD und Grünen eine Debatte über die Klimakrise abzuzwingen. Zwei der Aktivist:innen, darunter Lea Bonasera, hatten fast vier Wochen durchgehalten, als der spätere Bundeskanzler Olaf Scholz einwilligte, nach der Wahl öffentlich mit ihnen zu diskutieren.
Doch die Letzte Generation konnte in der folgenden Politik des selbsternannten „Klimakanzlers“ Scholz und seiner Koalition keine echte Anstrengung erkennen, die Erderhitzung abzuwenden. Darum begann die Aktionsgruppe Anfang 2022 mit ihren Autobahnblockaden. Mit der Aufmerksamkeit für ihre Aktionen wuchs auch der Hass, der den Aktivist:innen der Letzten Generation entgegen schlägt. Das Web ist voll mit Gewaltaufrufen, und bei den Blockaden kommt es immer wieder zu körperlichen Übergriffen.
„Ziviler Widerstand ist unser effektivstes Mittel“
Lea Bonasera, Letzte Generation
„Es ist verständlich, dass man wütend wird, wenn man blockiert wird“, sagt Bonasera. „Aber ich habe jedes Mal auch sehr große Angst und es ist eine Überwindung auf die Straße zu gehen.“ Doch angesichts verfehlter Klimaziele seien die Blockaden die einzige friedliche Möglichkeit, die ihr und ihren Mitstreiter:innen blieben. „Ziviler Widerstand ist unser effektivstes Mittel“, sagt Bonasera. Darum werden sie sich trotz aller finanziellen und juristischen Konsequenzen immer wieder auf dem Asphalt festkleben.
Die Zahl der Leute, die ebenfalls dazu bereit sind und sich der Letzten Generation anschließen, wachse laut Bonasera. Immer mehr Menschen würden verstehen: „Hey, die Klimakrise regelt sich nicht von meiner Couch aus.“ Und da die Regierung nichts tue, müssten die Bürger:innen eben selbst aufstehen. Wie viele dazu bereits sind, das werden die kommenden Wochen zeigen.
Wie Lea Bonasera von einer fleischessenden Autofahrerin aus behütetem Elternhaus zu einer Aktivistin wurde, die sich für die Rettung des Klimas auf Autobahnen anklebt, warum für sie angesichts einer Politik, die in Machbarkeit statt Notwendigkeit argumentiert, ziviler Widerstand alternativlos ist, und welchen historischen Vorbildern die Letzte Generation folgt, darum geht es in der neuen Episode des FUTURE MOVES-Podcasts.
Über diese Themen spricht Lea Bonasera im FUTURE MOVES Podcast:
… die Entwicklung vom Hungerstreik zu Autobahnblockaden (2:57)
… Vorbereitung, Ablauf und Teilnehmende der Blockade-Aktionen (6:27)
… konkrete Ziele und Forderung der Letzten Generation (11:30)
… die heftigen Reaktionen der von den Blockaden Betroffenen (13:03)
… ihren Weg von einer Fleisch essenden Autofahrerin zur Klimaaktivistin (15:16)
… ihre akademische Beschäftigung mit dem Thema ziviler Widerstand (20:08)
… persönlich ins Risiko gehen und Verantwortungsbewusstsein (22:25)
… Solidarität und Spendenkampagnen für die Aktivist:innen (24:24)
… den Vorwurf der Naivität hinter den Forderungen der LG (26:12)
… die Sommerpause der Aktionen und Pläne für den Herbst (28:26)
… Wachstum und Vernetzung der Bewegung (30:07)
… die Gefahr einer Radikalisierung der Klimabewegung (33:17)
… positives Feedback während der Blockade-Aktionen (34:07)
… das Erreichen von Zwischenzielen (35:53)
… den Verzicht auf persönlichen Komfort (37:58)
… ihren „Mix der Woche“ (41:21)
… die Haltung der Letzten Generation zu Führungsfiguren (42:31)