Der Firmenname „Hy2gen“ könnte ein Wortspiel für Hydrogen (engl.: Wasserstoff) sein. Er steht aber auch sinnbildlich dafür, dass Hy2gen für zwei verschiedene Industrien tätig ist. Für die Luftfahrt will das Unternehmen mit Sitz im hessischen Wiesbaden Sustainable Aviation Fuel herstellen. Für die Schifffahrt sind es grüner Ammoniak und E-Methanol. Der Spagat zwischen den beiden Mobilitätssektoren ließe sich gut bewerkstelligen, zumal sich die Produktionsprozesse nicht allzu stark unterscheiden. 

 „Was die beiden Branchen verbindet, ist der Druck seitens Kundschaft, ihren CO2-Verbrauch zu senken. Neuartige Technologien werden erst in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren verfügbar sein. Und bis dann muss der ökologische Fußabdruck via Treibstoffe gesenkt werden“, sagt Cyril Dufau-Sansot, CEO von Hy2gen. Und während dieser Übergangsphase möchte Hy2gen, die erforderlichen nachhaltigen Kraftstoffe liefern. Zu diesem Zweck hat Hy2gen Anfang des Jahres weitere 200 Millionen Euro Investment eingesammelt. Je eine Anlage zur nachhaltigen Treibstoff-Produktion sind in Frankreich und Deutschland in Betrieb, rund ein Dutzend weitere sollen in Kanada, Norwegen, Deutschland und Frankreich folgen. Doch können die den weltweiten Bedarf nach Kraftstoffen decken? 

Die kurze Antwort: nein. In der Luftfahrt ist es jedoch einfacher auf SAF umzusteigen als in der Schifffahrt auf die Alternativen, so Dufau-Sansot. Die bestehenden Regularien für maximale SAF-Tankung auf einem Flug müssen angepasst werden: Laut Lars Enghardt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt ist es technisch gut möglich, Triebwerke herzustellen, die mit 100 Prozent SAF betrieben werden können und die keine massgeblichen Neukonstruktionen des Flugzeugs erfordern. Etwas schwieriger gestalten sich die Fragen des Preises und der Verfügbarkeit. Derzeit reicht die SAF-Produktion bei Weitem nicht aus, um den Aviatik-Markt vollständig damit auszurüsten. Knapp 1 Prozent der benötigten Flugkraftstoffe werden bislang alternativ hergestellt.

„Die größeren Hersteller können es sich leisten, SAF zu erwerben“

Cyril Dufau-Sansot, CEO Hy2gen

„Die großen Hersteller können es sich leisten, SAF zu einem erhöhten Preis zu erwerben und sich bereits jetzt die nötigen Mengen zu sichern. Damit es sich auch die Kleineren leisten können, braucht es Förderungen seitens der EU“, so Dufau-Sansot. Er führe zahlreiche Gespräche mit wichtigen europäischen Fluggesellschaften, die an SAF interessiert seien. Auch mit dem SAF+ Consortium besteht eine Partnerschaft. Die Entscheidung sei auf Hy2gen gefallen, weil diese deutlich vor anderen Firmen auf dem Markt gewesen seien. „Sie haben viele Herausforderungen vor anderen Unternehmen gemeistert, weil sie früh mit Herstellern von Elektrolyse-Materialien zusammenarbeiteten, wodurch sie die Produkte früher geliefert bekommen“, sagt Jean Paquin, Chef des SAF+ Consortiums. Außerdem sähe er es als Vorteil, dass Hy2gen nicht nur in der Luftfahrt, sondern auch in der Schifffahrt tätig sei. Dadurch werde die Kommerzialisierung von Fabriken schneller stattfinden.

„Aus Sicherheitsgründen wird Ammoniak nicht auf Passagier- oder Kreuzfahrtschiffen verwendet“

Cyril Dufau-Sansot, CEO Hy2gen

Wie auch in der Aviatik, müssen sich die Regularien für nachhaltige Kraftstoffe in der Schifffahrt erst noch anpassen. Beispielsweise muss der Zündpunkt eines Kraftstoffes jeweils über 60 Grad Celsius liegen, was weder bei Ammoniak, noch bei Methanol der Fall ist. Hinzu kommt, dass für die Verwendung der nachhaltigen Kraftstoffe neue Tanklösungen konstruiert werden müssen. „Aus Sicherheitsgründen wird Ammoniak nicht auf Passagier- oder Kreuzfahrtschiffen verwendet“, sagt Dufau-Sansot, der deshalb den Gebrauch von Ammoniak in der Luftfahrt die nächsten 20 Jahren auch komplett ausschließt, „stattdessen wird auf Schiffen mit Passagieren Methanol verwendet.“ Hy2gen fokussiert sich erstens auf Ammoniak, doch auch Produktionsstätten für E-Methanol sind in Planung.

„Die meisten unserer Projekte gehen 2026 oder 2027 in Betrieb“

Cyril Dufau-Sansot, CEO Hy2gen

Ein Partner von Hy2gen ist Euromovement Holding, welche den ehemaligen Flugplatz Cottbus-Drewitz übernommen hat. Auf der Fläche soll nun ein nachhaltiges Industrie- und Gewerbegebiet, das „Green Areal Lausitz“ entstehen. Der dazu notwendige Bebauungsplan ist seit Juni 2022 rechtskräftig. Bis 2027 baut Hy2gen auf dem Areal eine Anlage für SAF und grünen Wasserstoff. Die anfängliche Kapazität ist auf 123 Megawatt angesetzt. „Bei der Vermarktung der Flächen legen wir Wert auf Einhaltung der ökologischen planungsrechtlichen Vorgaben und auf nachhaltiges Agieren der potenziellen Investoren“, teilt Euromovement mit. Zudem gäbe es voraussichtlich gute technologische Anknüpfungspunkte zu einer weiteren Industrieanlage von Energy 4 Future, die sich bereits in Planung befindet. 

Hy2gen möchte bis 2035 einer der größten Brennstofflieferanten sein. Und so das Problem der mangelhaften Treibstoffverfügbarkeit teilweise lösen. „Die meisten unserer Projekte gehen 2026 oder 2027 in Betrieb. Wir möchten den Markt nicht zu früh betreten, damit die entsprechenden Regularien ausgereift sind“, sagt der Hy2gen-Chef.

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Cyril Dufau-Sansot

Cyril Dufau-Sansot

Der Franzose Cyril Dufau-Sansot ist ausgebildeter Ingenieur. Bevor er die Leitung von Hy2gen vor knapp fünf Jahren übernahm, war er Chef von Areva H2Gen und Manager bei Viessmann Frankreich.

Jean Paquin

Jean Paquin

Der Kanadier Jean Paquin ist seit drei Jahren Chef und Mitgründer des SAF+ Consortiums. Zuvor war er Direktor für Wasserstoff-Entwicklung bei einem großen kanadischen Stromproduzenten. Insgesamt beschäftigt er sich seit 30 Jahren im Projektmanagement mit Wasserstoff.