Die Klimaziele der Luftfahrt sind gesetzt. Bis 2050 sollen die CO2-Emissionen im Vergleich zu 2005 um die Hälfte gesenkt sein. Für die Fluggesellschaften scheint der Weg dahin klar. „Sustainable Aviation Fuel kann problemlos in Flugzeugen eingesetzt werden und ist eine echte Alternative zu fossilem Kerosin“, schreibt beispielsweise die Lufthansa Group. Ist SAF die Zukunft?

SAF ist ein Überbegriff für alle nachhaltigen Flugkraftstoffe. Diese sollen mittel- bis langfristig das herkömmliche Kerosin zum Betreiben der Triebwerke ersetzen. SAF kann aus Biomasse, also beispielsweise organische Abfälle oder Reste aus der Landwirtschaft, oder aus Stoffen wie Wasser, CO2 und Strom aus erneuerbaren Energiequellen im sogenannten Power-to-Liquid-Verfahren hergestellt werden. Frei von CO2-Emissionen ist SAF allerdings nicht. „SAF ist CO2-neutral, weil das CO2 zuerst bei der Synthese in SAF gebunden und anschließend wieder freigesetzt wird, was einem Kreislauf entspricht.“ Theoretisch würde also zumindest kein zusätzliches CO2 emittiert.

„Erste Probeflüge mit SAF sind bereits erfolgreich verlaufen“

Lars Enghardt, DLR

„Derzeit fehlen allerdings noch Langzeitstudien, die aufzeigen, ob es für das Klima eine Rolle spielt, dass das CO2 in Bodennähe gebunden und später in vorwiegend großer Höhe wieder freigesetzt wird“, sagt Professor Lars Enghardt, Direktor des Instituts für elektrifizierte Luftfahrtantriebe des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Zudem sei es wichtig, dass SAF aus regenerativ gewonnenen Energien stammen, beziehungsweise das Biomaterial auch tatsächlich aus Abfallprodukten hergestellt wurde. Ansonsten würde sich die je nach Schätzung 60- bis 80-prozentige Reduktion der Emissionen wieder in Luft auflösen. 

Der große Vorteil von SAF: Es verhält sich ähnlich wie Kerosin, der logistische Aufwand, dem Kerosin SAF beizumischen, hält sich in Grenzen. Derzeit dürfen die Fluggesellschaften aus Sicherheitsgründen maximal die Hälfte des Kerosin mit SAF ersetzen. Doch laut Enghardt wäre die Umstellung auf 100 Prozent SAF technisch gut lösbar: „Die Triebwerke müssen leicht angepasst werden, doch erste Probeflüge mit SAF sind bereits erfolgreich verlaufen.“

Die Umstellung auf SAF ist mit geringem Aufwand verbunden

Allerdings bringt SAF zwei Probleme mit sich. Einerseits sind die nachhaltigen Kraftstoffe derzeit drei- bis fünfmal so teuer wie herkömmliches Kerosin. Dass also die Fluggesellschaften jubelnd und  jauchzend so viel SAF wie möglich verwenden, ist unwahrscheinlich. „Außerdem ist derzeit noch unklar, ob wir überhaupt so große Mengen SAF herstellen können, um den globalen Bedarf abzudecken. Beispielsweise die Stromproduktion von Wind-, Wasser- und Solarkraftwerken müsste extrem gesteigert werden“, so Experte Enghardt. 

Verschiedene mit Wasserstoff betriebene Flugzeuge stellen langfristig eine Alternative zu SAF dar. Bei zukünftigen elektrischen Flugzeugen würde in einer Brennstoffzelle gasförmiger Wasserstoff in einem chemischen Prozess mit Sauerstoff zu Wasser reagieren. Dabei wird die im Wasserstoff gespeicherte Energie als Strom freigegeben, der Elektromotoren antreibt. „Die Stromgewinnung in der Brennstoffzelle läuft relativ träge ab, was für den dynamischen Startprozess nicht ausreichen wird. Dann würde unterstützend beispielsweise Energie aus einer Batterie verwendet werden“, wie Lars Enghardt gegenüber FUTURE MOVES sagt. Der in der Brennstoffzelle entstehende Wasserdampf würde als einziges Abgas in die Umwelt entweichen.

„Die Brennstoffzelle wird für den dynamischen Startprozess nicht ausreichen“

Lars Enghardt, DLR
Das DLR zeigt mit dieser Skizze ein Konzept für ein hybrid-elektrisches Flugzeug. Grafik: DLR

Eine weitere Möglichkeit stellt die direkte Verbrennung von Wasserstoff dar. Hierbei kann hybrid-elektrisch ein Verbrennungsantrieb mit einem Elektroantrieb kombiniert werden. Der bewährte Verbrennungsmotor könnte beispielsweise mit SAF betrieben werden und eine von Wasserstoff angetriebene Gasturbine könnte über einen Generator einen Elektromotor befeuern. Mit Wasserstoff als Treibstoff stellen sich allerdings Fragen zur Unterbringung des Wasserstoffes bei Minus 253 Grad Celsius, Neukonstruktion des Verbrennungsraumes oder Risiken von ungewollten Verdampfungs-Reaktionen in den Tanks selber. Flüssiger Wasserstoff braucht mehr Platz als Kerosin und unterläuft einem anderen Verbrennungsprozess, was alles in der Konzeption miteinbezogen werden muss. 

Doch auch der Wasserstoffpreis müsste weiter sinken, um die Technologie skalieren zu können. „Vor allem müssten die Wasserstoff-Produktionskapazitäten massiv ausgebaut werden müssen, damit die Herstellungskosten auf Dauer sinken und damit der Abnahmepreis“, heißt es seitens der Erneuerbaren Energien Hamburg. Dazu seien insbesondere Förderungsmaßnahmen erforderlich. 

„Wasserstoff-Produktionskapazitäten müssen massiv ausgebaut werden“

Erneuerbare Energien Hamburg

Flugzeugbauer Airbus will mit dem Projekt ZeroE bis 2035 eine Wasserstoff-betriebene Linienmaschine auf den Markt bringen. Experte Enghardt ist optimistisch, dass ab 2035 Maschinen mit 30-70 Sitzen und einer Reichweite von knapp 2.000 Kilometern einsatzbereit sein werden. Das würde zumindest für beliebte Mittelstreckenverbindungen genügen. Batteriebetriebene elektrische Flugzeuge hätten eine noch bescheidenere Reichweite. „Mutig gesehen bis zu 200 Kilometern, in schwierigen Wetterlagen sind es vielleicht noch 50“, so Enghardt. Das Problem liegt bei der niedrigen Energiedichte der Batterie, welche sich auch in den nächsten Jahren nur schleppend verbessern wird. Ob und wann solche Elektroflugzeuge Langstrecken zurückliegen können, ist schwer vorhersehbar. 

Alternativen zu SAF stehen vorerst dementsprechend nicht bereit. „SAF kann durchaus als eine mittelfristige Brückentechnologie gesehen werden, bis wir die technischen Herausforderungen der Alternativen gelöst haben. Ich bin optimistisch, dass durch die Zusammenarbeit von Politik, Industrie und Forschung die Zeichen für Wasserstoff-betriebene Luftfahrt gut stehen“, sagt Enghardt.

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Lars Enghardt

Lars Enghardt

Lars Enghardt ist Direktor des Instituts für elektrifizierte Luftfahrtantriebe des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Das DLR-Institut für elektrifizierte Luftfahrtantriebe wurde 2020 neu gegründet und forscht emissionsärmeren, stärker elektrifizierten Luftfahrtantrieben. Das Institut untersucht alternative Flugtriebe, wie beispielsweise Wasserstoff.