Auf dem Land kommt man ohne eigenes Auto oft nicht weit. Abhilfe sollen hier Mitfahrbänke schaffen: Eine im öffentlichen Raum aufgestellte Bank mit einem ausklappbaren Schild, das die gewünschte Fahrtrichtung anzeigt. Mit dem Platznehmen auf ebendieser Bank signalisieren Wartende, dass sie auf eine kostenfreie und spontane Mitfahrt bis zum angegebenen Ziel hoffen. Die Bänke helfen dort aus, wo kein Bus mehr fährt und beginnen immer dort und nie direkt vor der eigenen Haustür.

Das Prinzip ist nicht neu: bereits seit 2014 gibt es die Mitfahrbänke, mittlerweile findet man sie immer häufiger auf dem Land und bereits an mehr als 150 Orten bundesweit. An einigen gehören sie schon länger zum Stadtbild, in anderen sind sie in Planung. Doch werden Mitfahrbänke überhaupt genutzt? Und wie steht es um die Digitalisierung der Mitfahrbank? Ein Dorf macht es vor.

Mitfahrbänke bringen sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich. Sie helfen der ländlichen Mobilität und bringen Personen von A nach B, ohne ein teures Taxi nutzen oder ein eigenes Auto besitzen zu müssen. Ein netter Plausch auf dem Weg in den nächsten Ort oder zum nächstgelegenen Supermarkt wird vermutlich auch entstehen. Vor allem aber profitiert die Umwelt – Ridesharing mal anders.

Doch in vielen Regionen werden sie genauso häufig genutzt wie Schneeschieber in Nordfriesland. Denn was viele von der Nutzung abhält, ist die Ungewissheit: Kommt überhaupt ein Auto vorbei, nimmt mich dieses mit und wie lange muss ich darauf warten? Für Fahrten zu festen Terminen setzt man dann eher auf Alternativen. Und wie steht es eigentlich um die Sicherheit, wenn bei Mitfahrbänken komplette Anonymität herrscht?

Etteln gehört zur Gemeinde Borchen und liegt im Kreis Paderborn in NRW. Dort setzt man auf eine bisher einzigartige Kombination aus konventionellem Trampen per Mitfahrbank und Digitalisierung. „Der Ortsvorsteher Ulrich Ahle hat sich mehr Digitalisierung gewünscht. In Eigenleistung zusammen mit dem Verein wurde die neue Idee umgesetzt“, sagt Simon Daniel, Fachbereichsleiter in Borchen. Hier erfolgt die Anzeige der Fahrtrichtung nicht über die ausklappbaren Schilder, sondern über eine Tastatur an der Bushaltestelle. Eine Anzeige verrät vorbeifahrenden Autos, an welches Ziel die Trampenden fahren möchten.

Statt den ausklappbaren Schildern setzt das Dorf Etteln auf eine Tastatur und eine digitale Anzeige

Richtig digital wird’s jetzt: Alle Einwohner:innen, die die Dorf-App besitzen, erhalten eine Benachrichtigung. Sie erfahren so, dass jemand auf der Bank sitzt und in welcher Richtung das Ziel liegt. Nach einer Viertelstunde wird die digitale Anzeige und die Benachrichtigung in der App automatisch wieder gelöscht.

Durch die Nutzung der App wird der Anonymität entgegengewirkt, denn alle Nutzer:innen sind gelistet und registriert. Da das Projekt in dieser Form bislang einzigartig in Deutschland ist, war es zunächst eine Herausforderung, die Schnittstelle zur Dorf-App zu realisieren. „Unser Vorteil ist der Standort im Zentrum des Dorfes und die technische Anbindung, um die Digitalisierung möglich zu machen“, sagt Simon Daniel.

„Mitfahrbänke müssen propagiert werden – im Dorf und auch in den Medien“

Daniel Simon, Fachbereichsleiter Borchen

Mangelnde Werbung und Aufklärung seien das Problem an der geringen Nutzung: „Mitfahrbänke müssen propagiert werden – im Dorf und auch in den Medien“, so Simon. Für die Ettelner Zukunft ist bereits einiges geplant: „Die digitale Mitfahrbank soll Bestandteil einer Mobilstation werden und ist insgesamt in den Bereich Smart Mobility unserer Digitalisierungsstrategie für das Dorf eingebunden“, so Ulrich Ahle, Ortsvorsteher Etteln. An der Mitfahrbank soll es dann dann möglich sein, auf den ÖPNV, das E-Dorfauto oder das E-Lastenrad umzusteigen.

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Christoph Thomsen

Christoph Thomsen

Seit Juni 2019 ist Christoph Thomsen Geschäftsführer von Boben Op. Zahlreiche Projekte für den Klimaschutz und die Energiewende gehören zu dem Verein. Mit über 150 Standorten bundesweit gilt Boben Op als größtes Mitfahrbank-Netzwerk Deutschlands und befindet sich zur Zeit ebenfalls in der Testphase einer App für aufgestellte Banken.

Ulrich Ahle

Ulrich Ahle

Bereits seit 2014 ist Ulrich Ahle Ortsvorsteher in Etteln. Er hat eine klare Digitalisierungsstrategie und möchte den Borchener Ortsteil Etteln zum digitalen Leuchtturmdorf realisieren. Als CEO der Fiware Foundation ist Ahle ebenfalls in die Entwicklung des Nemo-Projekts in Paderborn eingebunden.