Für alle Fans von Top Gun ist klar: Goose ist nicht nur der „Radar Intercept Officer“ von Maverick, gespielt von Tom Cruise, sondern auch sein bester Freund. Damit wäre klar, wieso das deutsche Start-up Aerosys seinen digitalen Flugassistenten so getauft hat. Und das, obwohl sich Goose im Verlauf der Geschichte das Genick bricht und stirbt. „Als Maverick das erste Mal nach Gooses Tod wieder im Cockpit sitzt, ergreift ihn die Panik als es stressig wird. Uns hat der Gedanke gefallen, dass jeder Pilot seinen Goose im Cockpit braucht“, sagt Aerosys-Gründer Mirko Hahn schmunzelnd.

Goose soll im Cockpit zusätzliche Sicherheit bieten. Die kleine Hardware ist ein digitaler Copilot. Goose liefert Flug- und Wetterdaten, verfolgt die Kommunikation mit Fluglots:innen, warnt vor Gefahren, führt Briefings durch oder versteht einfache Befehle, etwa um Flug-Checklisten abzufragen. Das Gerät besitzt kein Display, sondern gibt dem Piloten Sprachanweisungen. „In erster Linie soll Goose bei sogenannten Single-Pilot-Flügen eingesetzt werden, bei denen der Pilot normalerweise alleine fliegt. Wir können uns aber auch vorstellen, dass Goose später ebenfalls bei Multi-Pilot-Flügen zum Einsatz kommt”, sagt Erfinder Hahn.

„Goose soll bei Single-Pilot-Flügen eingesetzt werden“

Mirko Hahn, Gründer Aerosys
Goose ist die gelbe Box im Cockpit, die Pilot:innen mit Rat und Tat zur Seite stehen soll. Foto: Aerosys

2019 kam Mirko Hahn auf die Idee des digitalen Assistenten. „Für mich begann alles als liebevolle Spielerei. Ich wollte mir ein Gerät bauen, das mir insbesondere bei schwierigen Flügen hilft und mich auf potenzielle Gefahren hinweist”, so der zertifizierte Pilot. Am Anfang seien die Funktionen noch sehr rudimentär gewesen, mit der Zeit fügte Hahn Funktion um Funktion hinzu. Mirko Hahn hatte zwar Luftfahrttechnik studiert, sich das spezifische Wissen zum Bau von Goose allerdings größtenteils selbst beigebracht. 

Der Gedanke, dass sein selbstgebautes Gerät zu einem kommerziellen Produkt würde, kam Hahn, der zu dieser Zeit noch am Aufbau eines anderen Unternehmens beteiligt war, lange nicht. „Als ich für einige Flüge in den USA war, meinte ein Fluglehrer zu mir, dass ich mit meiner Idee ein Start-up gründen könnte. Dies war mein großer Aha-Moment“, erzählt Hahn gegenüber FUTURE MOVES. 

„Es hieß, ein Start-up könne nicht, was Luftfahrtunternehmen nicht machen“

Mirko Hahn, Gründer Aerosys
Trotz anfänglicher Zurückhaltung wird das Start-up mittlerweile vom DLR unterstützt

Zu Beginn der Corona-Krise gründete Hahn sein neues Start-up Aerosys. Seine Begeisterung. steckte an. Beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR fand die Firma früh Unterstützung. „Der erste Förderantrag wurden zu Beginn abgelehnt. Es hieß, ein Start-up könne nicht, was etablierte Luftfahrtunternehmen nicht machen. Doch das hat mich nur noch mehr angespornt“, meint Hahn selbstbewusst. Nebst Fördergelder hat sich Aerosys AG durch Investoren finanziert. 

Mirko Hahns größte Herausforderung beim Aufbau von AeroSys sei die Suche nach dem richtigen Team gewesen:  „Wir haben einen hohen persönlichen und fachlichen Anspruch an unsere Mitarbeitenden, die zu einem Start-up passen müssen. Zum einen müssen sie vielseitig für verschiedene Dinge einsetzbar und doch spezialisiert sein. “ Inzwischen stehe allerdings ein sehr gutes Kern-Team. 

„Wir werden mit unseren Daten Empfehlungen für Flugzeughersteller abgeben“

Mirko Hahn, Gründer Aerosys

Mit seinen Mitarbeitenden ist Hahn nun daran, Goose weiterzuentwickeln. Der digitale Copilot soll um weitere Procedures und Briefings erweitert, als auch für komplexere Flugzeuge einsatzbereit gemacht werden. „In Zukunft werden wir mit unseren Daten außerdem konkrete Empfehlungen für Flugzeugbetreiber und -hersteller abgeben können. Beispielsweise, dass bestimmte Cockpit-Bereiche schlechter einsehbar oder bedienbar sind, da sie möglicherweise bei bestimmten Körpergrößen außerhalb des Sichtfeldes der Piloten liegen oder schlechter erreichbar sind”, so Hahn. Außerdem läuft ein Forschungsprojekt, dass anhand des Tonfalls von Pilot:innen Stress oder Müdigkeit erkennen soll. 

Obschon die Funktionalitäten von Goose noch nicht vollends ausgeschöpft sind, durchläuft das Produkt bereits die teils langwierigen Zertifizierungsprozesse. Ende dieses Jahres soll die erste Zertifizierung für spezifische Flugzeugtypen verfügbar sein, 2023 folgen weitere. In den darauffolgenden zwei Jahren soll Goose auch für Turbinenflieger und schließlich Businessjets verwendbar sein. Momentan braucht Aerosys vor allem auch Feedback von Pilot:innen, die wie Maverick einen Goose an ihrer Seite brauchen.

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Mirko Hahn

Mirko Hahn

Der studierte Luftfahrttechniker ist Gründer und Erfinder von Aerosys. Zuvor gründete Mirko Hahn Kick-On, ein Unternehmen, dass sich der Digitalisierung der Gastronomie widmet. Hahn ist außerdem zertifizierter Pilot.

Philipp Betram

Philipp Betram

Philipp Bertram war mit Mirko Hahn schon bei Kick-On als Co-Gründer im Doppel unterwegs. Beim Start-up und Erfinder von Goose Aerosys ist er als Chief Technology Officer für die Entwicklung verantwortung.