Die Zukunftspläne von Jürgen Greil und seinem Unternehmen FlyNow sind groß: “Ich denke, wir können einen erheblichen Beitrag zur individuellen Mobilität leisten. Vielleicht verändern wir die Welt auf eine Weise, wie es zuletzt das Model T und der Käfer in der Automobilindustrie getan haben.” Soll heißen, das Fahrzeug der Lüfte, erschwinglich für jedermann. 

AeroSys entwickelt einen sogenanntes eVTOL, ein elektrisches vertikales Start- und Lande-Gerät. Dieses gleicht einem kleinen Helikopter. Darin haben modellabhängig entweder ein bis zwei Passagiere oder 120 bzw. 200 Kilogramm Cargo Platz. Den Gründern schwebt der Transport von Sachen für den täglichen Bedarf, Lebensmittel oder gar großen Elektrogeräten wie Geschirrspülern vor. Das Lufttaxi bewegt sich nicht autonom, sondern automatisch. Dementsprechend fliegt es eine fixe, vorbestimmte Route ab.

„Den Markt dafür sehen wir in Südostasien, Afrika oder Arabien“

Jürgen Greil, CEO FlyNow

Sobald fertiggestellt, soll der eVTOL Strecken von gut 50 Kilometer Länge, hauptsächlich im urbanen Raum, zurücklegen können. “In der ersten Generation werden wir Business-to-Business, wie vor allem an große Firmen, Städte und Kommunen, Hotels, Krankenhäuser oder Taxibetreiber verkaufen. Den Markt dafür sehen wir nicht unbedingt in Mitteleuropa, sondern eher in Südostasien, Afrika oder Arabien”, sagt Greil, der ursprünglich Maschinenbau studiert und anschließend in der Automobilindustrie gearbeitet hatte. 

Der Mini-Heli von FlyNow wird mit einer Flugdauer von 30 Minuten Flugaufgaben im urbanen Umfeld übernehmen

Nebst 20 Jahren bei BMW, war Jürgen Greil auch in China tätig. “In China habe ich gesehen, dass man dort ein sehr ausgeprägtes Bewusstsein für den gezielten Einsatz von Ressourcen hat, welches in Europa fehlt. Die Chinesen entscheiden strategisch, welche Ressourcen wo am dringendsten gebraucht werden”, so der Österreicher. Um Mobilität zu ermöglichen, setzte China nicht allein auf Autobahnen. Das Land hat das größte Autobahnnetz der Erde und es wächst jedes Jahr in etwa um die Länge des deutschen Autobahnnetzes an. Doch das bringt einen großen Ressourcenaufwand mit sich, also möchte man primär auf Schienen- und Flugverkehr setzen. So entstand langsam die Idee eines leichten elektrischen Fluggeräts, welche Greil gemeinsam mit drei weiteren Gründern 2019 in die Tat umsetzte. 

„Wir planen Ende Sommer den Erstflug“

Jürgen Greil, CEO FlyNow

Bei der Entwicklung des kleinen Helikopters forderte insbesondere die Eigenfrequenz einzelner Teile eine Herausforderung dar. Wenn verschiedene Komponenten des Fluggeräts in verschiedenen Eigenfrequenzen schwingen, ist es möglich, dass sich der Helikopter sogleich selbst zerlegt. Das soll jedoch sehr zeitnah kein Problem mehr darstellen: “Derzeit führen wir Tests mit unseren ersten drei Prototypen durch und planen, Ende Sommer den Erstflug durchführen zu können”, so FlyNow-CEO Greil. 

Das eVTOL-Fluggerät bietet Platz für bis zu zwei Passagiere

Aufgrund der etwas niedrigeren Zertifizierungs-Auflagen plant das knapp 100-köpfige FlyNow-Team, 2024 ein erstes eVTOL für Cargo auf den Markt zu bringen. Zuerst in der Kategorie zur Verwendung über unbewohnten Gebiet und anschließend über bewohntem. Ein Jahr später soll das erste auf Menschen ausgelegte Gerät folgen. Unterstützung erhält das Start-up von Austro Control, der Österreichischen Gesellschaft für Zivilluftfahrt. 

„Nur ein Achtel der Ressoucen im Vergleich zu einem Elektrofahrzeug“

Jürgen Greil, CEO FlyNow

Beim Gedanke an Pendler:innen, die bald zur Arbeit fliegen, statt vielleicht im Bus zu sitzen, stellen sich einige Fragen bezüglich der Nachhaltigkeit. Die Produktion eines elektrischen VTOLs ist schließlich nicht emissionsfrei. “Aufgrund der Größe unserer Kopter brauchen wir beim Bau nur ein Achtel der Ressourcen im Vergleich zu einem Elektrofahrzeug, auch die Batterie ist kleiner. Da wir einzig an andere Unternehmen, Krankenhäuser und so weiter verkaufen, werden die eVTOLs ständig bewegt, was den anfänglichen CO2-Verbrauch relativiert”, hält Greil dagegen. Dies bedeute eine CO2-Reduktion im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern in der Produktion als auch auch während dem Betrieb pro Personenkilometer. 

Damit FlyNow tatsächlich das neue Model T oder der Käfer des 21. Jahrhunderts wird, müssen die Kosten einem Mittelklasse-Fahrzeug gleichkommen. “Das ist natürlich die grosse Herausforderung. Unser Motto diesbezüglich ist “simple is complicated enough”. Dementsprechend versuchen wir stets  eine möglichst einfache, ressourcensparende Lösung zu wählen”, meint der Chef von FlyNow optimistisch. 

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Jürgen Greil

Jürgen Greil

Den heutigen CEO von FlyNow verschlug es nach dem Studium in die Automobilindustrie: Bei Opel, Porsche, Great Wall Motors China und BMW war er für die Entwicklung innovativer Fahrzeuge zuständig. 

Yvonne Winter

Yvonne Winter

Die aktuelle COO von FlyNow ist das einzige Gründungsmitglied ohne Hintergrund in der Automobilindustrie. Dafür bringt Yvonne Winter langjährige Management-Erfahrung in verschiedenen Firmen mit.