Ein Solardach ist kein Kleiderschrank. Trotzdem muss es nicht komplizierter sein, eine Photovoltaikanlage zu planen und zu kaufen als das Schlafzimmermöbel. So in etwa lautet die Idee hinter Zolar. Das 2016 in Berlin gegründete Start-up hat einen Online-Konfigurator für Solaranlagen entwickelt. Interessent:innen geben auf der Website von Zolar Informationen zu ihrem Dach ein und markieren die richtige Adresse auf einer Google-Maps-Karte. Wenig später bekommen sie ein Angebot und können in einem Online-Planungstool Solarmodule auf ihr Hausdach legen und in Echtzeit sehen, wie viel Energie sich damit erzeugen ließe. Nach dem Kauf beauftragen die Berliner dann einen lokalen Betrieb, der die Anlage installiert.

So elegant sich dieser digitalisierte Prozess anhört, für die Kundschaft stecken darin gewisse Tücken. Angefangen bei der Frage, ob man tatsächlich eine mehrere Tausend Euro teure Photovoltaikanlage im Internet bestellten sollte. Darum hat das Berliner Start-up die sogenannten Zolar Heroes erfunden: Mittlerweile 160 Kund:innen, die gegen eine kleine Aufwandsentschädigung bereit sind, am Kauf Interessierten ausführlich Rede und Antwort zu stehen. 

Eine andere Möglichkeit, um Vertrauen bei potenziellen Solardach-Besitzer:innen zu werben sind Partnerschaften mit renommierten Firmen. Und auf diesem Feld ist dem kleinen Start-up gerade ein veritabler Coup gelungen. Über die Website von Zolar lässt sich künftig ein Toyota bZ4X zum Solardach mitbestellen. Quasi ein Komplettpaket für emissionsfreie Mobilität. Und das ist keine Kleinigkeit.

Hinter dem kryptischen Kürzel bZ4X verbirgt sich das erste reine E-Modell von Toyota, dem Hersteller, der die Technologie lange zugunsten von Hybrid- und Wasserstoffantrieben vernachlässigt hatte. Aber nicht nur das. Im Vertriebsdeal zwischen den sehr ungleichen Partnern spiegelt sich die Erkenntnis, dass Energie- und Mobilitätswende am besten zusammengedacht werden. E-Auto-Pionier Tesla macht es mit seinem System aus Wallbox, eigenem Stromtarif und den (in Deutschland bislang nicht erhältlichen) Solardachziegeln vor. 

„Die Solaranlage ist die Eintrittskarte ins Haus“

Sarah Müller

Zolar geht das Thema von der entgegengesetzten Seite an. Angefangen hat das Startup mit dem Verkauf und der Vermietung von Solaranlagen. Später sind Wallboxen und Speicher hinzugekommen. Nun also kommen Autos hinzu. Und die sind mehr als ein nettes Add-on.  

Bei Zolar geht man davon aus, dass in absehbarer Zukunft die überwiegende Mehrheit der Elektroautonutzer:innen ein Eigenheim besitzt. Im Jahr 2030 soll ihr Anteil bei 62 Prozent liegen. Da würde mehr als sechs Millionen Elektro-Pkw entsprechen. „Die Solaranlage ist die Eintrittskarte ins Haus, sagt Sarah Müller, CCO von Zolar. Die Berliner sehen sich darum in einer günstigen Position, ihrem Partner Toyota die Tür zu diesen Kund:innen zu öffnen. Zugleich stecke in der Partnerschaft auch großes Potenzial für das Start-up, räumt Müller ein. Bei den Toyota-Händlern, über die der E-Autokauf ganz klassisch abgewickelt wird, liegen künftig Infomaterialien von Zolar aus.

„Wenn wir die Energiewende schaffen wollen“, so Müller, dann sie es wichtig „das Thema in die Masse zu tragen.“ Der Prospekt im Autohaus kann da ein guter Hebel sein. Für Toyota wiederum bietet die Zusammenarbeit mit Zolar die Möglichkeit, ein direkt bundesweit verfügbares Zusatzangebot für seine Kundschaft an den Start zu bringen. Die entsprechende Nachfrage ist da: Laut EuPD Research müssen in Deutschland bis 2030 weitere 3,7 Millionen Solaranlagen plus Wallbox installiert werden, um den wachsenden Energiebedarf durch die E-Mobilität bewältigen zu können.  

Überraschend ist das Tempo, mit dem der Deal zwischen Zolar und Toyota zustande gekommen ist. Im Oktober 2021 habe man erstmals miteinander gesprochen, sagt Müller. Schnell sei klar geworden, dass es einen großen Fit gebe, eine Zusammenarbeit sich gut in Toyotas aktuelle „Beyond Zero“-Strategie fügen würde. „Wir haben es in einem Quartal auf die Straße gebracht“, so Müller. Geholfen haben könnte auch, dass Toyota nicht nur in Sachen E-Mobilität Aufholbedarf hat. Die Japaner wollten auch lernen, wie die digitale Customer Journey von Zolar funktioniere, erklärt Müller. Wie alle Autobauer verstärkt auch Toyota gerade seine Aktivitäten in diese Richtung und bietet bereits ein weitgehen online abschließbares Autoabo an. 

Solaranlage plus Wallbox statt öffentlicher Ladesäule: Eine Idee, die Mobilitätswende zu beschleunigen

Für Zolar wiederum ist die Koop ein Schritt auf dem Weg, zum Komplettdienstleister für alle Energiefragen zu werden. Neben Strom wolle man künftig auch das Thema Wärme bespielen. Zentral dabei sei die eigene App, so Müller. Die wolle Zolar Schritt für Schritt zum Tool entwickeln, über die die Kund:innen ihr komplettes Energiemanagement abwickeln. Konkret: Dass sie zum Beispiel in der App direkt festlegen können, wie voll der Akku ihres E-Auto immer mindestens geladen werden soll. 

Wie das Auto überhaupt eine immer wichtigere Rolle beim Energiemanagement spielen wird: Durch bidirektionales Laden können private Pkw zu einer Art rollendem Energiespeicher für Eigenheimbesitzer:innen werden. Bislang ist das bidirektionale Laden nach dem „Vehicle to Home“-Prinzip nur bei wenigen Modellen von Mitsubishi, Nissan, Hyundai und Kia möglich. Volkswagen hat jedoch angekündigt, ID-Modelle ab einer gewissen Akkuleistung per Softwareupdate im Laufe des Jahres 2022 aufzurüsten.

Die aufkommende E-Mobilität sorgt gerade auch im Vertrieb für einige spannende Experimente. Der chinesische Newcomer Airways verkauft sein Modell U5 in Deutschland über einen Elektronikmarkt. Zudem zeigt der Boom der Autoabo-Anbieter, dass immer mehr Menschen auf der Suche nach einer Alternative zu Kauf oder Leasing sind. Die Erwartungen an das Segment sind immens. Selbst der Ölkonzern Shell sieht hier ein Geschäftsmodell für die eigene postfossile Zukunft. Viele Stromanbieter bieten mittlerweile spezielle Auto-Tarife an. Auch der Autobauer Volkswagen mischt unter der Marke Volkswagen Naturstrom mit

Die zunehmende Verquickung der Themen Energie und Mobilität bringt letztlich auch Photovoltaik-Anbieter wie Zolar in eine gute Position. Das Start-up hat einen Katalog voller Kund:innen, die an der Reduzierung ihres CO2-Fußabdrucks interessiert sind. Warum also diesen Menschen nicht weitere Produkte anbieten? Genau das will Müller künftig verstärkt tun. Und ein gemeinsames Angebot mit Toyota sei bereits angedacht.

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Sarah Müller

Sarah Müller

„Ich wollte wieder was machen, das Impact hat“, begründet Sarah Müller ihren Wechsel als CCO zum Greentech Zolar im April 2021. Zuvor war sie sechs Jahre bei der Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu, wo sie sich mit strategischen Partnerschaften befasst und unter anderem das Label „Familienfreundlichste Arbeitgeber“ entwickelt hat.

Akio Toyoda

Akio Toyoda

Der Enkel des Firmengründers Toyoda Kiichirō ist seit 2009 Toyota-CEO. Lange setzte auch er auf die Brennstoffzelle als Verbrenner-Alternative. Mittlerweile sagt allerdings auch Akio Toyoda: Die Klimakrise und eine schwer vorhersehbare  Zukunft seien zu komplex, als dass Toyota weiter an einer „Einheitslösung“ festzuhalten könnte.