Was wird aus den Regionalflughafen?
Sinkende Renditen, Kritik von Umweltverbänden und gestrichene EU-Hilfen. Die Regionalflughäfen haben einige Hürden zu nehmen, um für die nächsten Jahre gerüstet zu sein
Harter Schlag für die kleinen Flughäfen und Flugplätze Deutschlands. 2014 entscheidet die Europäische Kommission, ab 2024 die Betriebshilfen für Regionalflughäfen einzustellen, die weniger als 3 Millionen Passagieren jährlich vorweisen können. In Deutschland sind damit rund 30 Flugplätze betroffen. Die Kommission wollte mit ihrem Entscheid einen Subventionswettlauf zwischen den verschiedenen Flughäfen verhindern, wovon hauptsächlich Billigairlines profitiert hätten. Außerdem sollten die Flughäfen auf eigenen Beinen stehen können. „Wenn ein Flughafen dauerhaft rote Zahlen schreibt, kommen Sie doch zu der Frage, wer denn auf Dauer die Unterstützung gibt“, sagte der Frankfurter Flughafenchef Stefan Schulte damals gegenüber der Nachrichtenagentur DPA. Eine Pleitewelle sei nicht auszuschließen.
„Rückschläge für die Flughäfen stellen insbesondere ansässige Airlines dar, die pleitegehen“
Isabelle Polders, Flughafenverband ADV
Insolvenzen von Regionalflughäfen hat es in den letzten Jahren tatsächlich schon gegeben. Prominentestes Beispiel ist der Flughafen Frankfurt-Hahn, der 2021 pleite ging, letztes Jahr allerdings verkauft und weitergeführt wurde. Auch der Flughafen Paderborn-Lippstadt kam aus der Insolvenz zurück. Nebst den geringen Renditen geraten die Regionalflughäfen immer stärker ins Schussfeuer von Umweltschützern, welche die Existenz der kleinen Flughäfen infrage stellen. Laut einer Studie vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) aus dem Jahr 2020 seien die meisten Regionalflughäfen unprofitabel und nur die Flugplätze Bremen, Dresden und Friedrichshafen würden dank ihrer Lage einen Beitrag zur Konnektivität Deutschlands leisten. Sind Regionalflughäfen ein Auslaufmodell?
Diese Frage gewann zusätzliche Dringlichkeit durch die Herausforderungen der Folgen der Corona-Pandemie. Die Regionalflughäfen häuften in dieser Zeit Millionen-Verluste an. Hinzu kamen Konkurse von Fluggesellschaften, die von diesen Airports aus operierten. „Rückschläge für die Flughäfen stellen insbesondere ansässige Airlines dar, die pleitegehen“, bestätigt Isabelle Polders vom Flughafenverband ADV. Regionalflughäfen, besonders attraktiv für Low-Cost Airlines, sind oftmals abhängig von einer Handvoll Fluggesellschaften.
Doch auch die Billigflieger zieht es immer mehr zu den größeren Flughäfen. In den letzten Jahren stiegen jene Airlines auf größere, effizientere Flugzeuge um. Die Pisten der Regionalflughäfen werden also schlichtweg zu kurz. Beispielhaft führt der Geschäftsbericht des Dortmund Airports vornehmlich Flottenänderungen von WizzAir und Wegfall von Flugverbindungen als Risiken auf.
Seit dem EU-Entscheid sind acht Jahre inklusive Corona-Pandemie vergangen, die Änderung tritt bald in Kraft. Sind die Regionalflughäfen bereit? Sämtliche angefragte Regionalflughäfen geben an, sich darauf eingestellt zu haben. Der Flughafen Saarbrücken, der 2020 noch 18,2 Millionen Euro Beihilfen der EU erhalten hat, will die Balance durch Kostenreduktionen herstellen.
„Umstellung der Flugzeug-Antriebe bietet Chancen gerade für Regionalflughäfen“
Matthias Hack, Flughafen Lippstadt Paderborn
Eine Chance für die Regionalflughäfen stellt die Privatfliegerei dar. Während der Corona-Pandemie haben die privaten Flüge gar zugenommen. Auch Schulungs- oder Rettungsflüge bieten eine Alternative an.
Der Flughafen Paderborn-Lippstadt denkt bereits weiter voraus. „Die Umstellung der Flugzeug-Antriebe auf nachhaltige oder sogar emissionsfreie Antriebe bietet zusätzliche Chancen gerade für Regionalflughäfen“, so Matthias Hack, Sprecher des Flughafens Lippstadt Paderborn. Insbesondere elektrische Flugzeuge, die auch langfristig nur kurze Strecken fliegen werden, dürften auf Regionalflughäfen einen Einsatz finden. „Wir erwarten allerdings, dass dieser Themenkomplex in absehbarer Zeit spürbar an Dynamik gewinnen wird“, sagt Hack gegenüber FUTURE MOVES.
Dies bestätigt auch ein Papier des Think Tanks Bauhaus Luftfahrt. Dank elektrischer wie auch Wasserstoff-Mobilität könne gleichzeitig das Kosten- und das Nachhaltigkeitsproblem gelöst werden. „Dazu braucht es allerdings Investitionen wie Wasserstoff-Stationen, Technologien für autonome Operationen oder anderes seitens der Regionalflughäfen.“
Eine weitere Hoffnung bleibt den Flughäfen. Die Betriebshilfen der EU werden möglicherweise 2024 doch noch nicht eingestellt. „Aktuell prüft die Kommission eine Verlängerung um drei Jahre bis 2027. Wir erwarten die Entscheidung Ende des Jahres“, teilt Isabelle Polders vom Flughafenverband ADV mit.
Want to know more?
Nicolas Notebaert
Der Franzose Nicolas Notebaert ist CEO von Vinci Airports. Das Unternehmen spezialisiert sich auf die nachhaltige Transformation von Flughäfen, unter anderem durch den Ausbau einer Wasserstoff-Infrastruktur.
Isabelle Polders
Seit zehn Jahren ist Isabelle Polders in der Kommunikation tätig. Bei der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) ist sie Direktorin Kommunikation, Strategie und Nachhaltigkeit. Zuvor war sie als politische Referentin am Deutschen Bundestag tätig.