Felix Roth interessierte sich im Sommer 2019 für ein Geschäftsfahrzeug. Am liebsten wollte er elektrisch fahren. Dem jungen Unternehmer sagten die angebotenen Modelle beim Händler einer Marke aus dem gehobenen Segment nicht zu. Der überzeugte ihn davon, dass ein Autoabo am besten zu ihm passt. Warum statt Leasing nicht einfach mal ein Jahr lang ein Abo ausprobieren, dachte sich Roth.

Anbieter von Autoabos versprechen, dass man sich um nichts kümmern muss. Eine monatliche Gebühr, die Versicherung, Steuern, Überführung, Zulassung und viele weitere Kosten enthält – der Preis ist dafür oft etwas höher, die Laufzeit mit ab drei Monaten dafür kurz. Aber natürlich verdienen auch die Aboanbieter mit Geschäftskunden am besten. Denn die schließen oft Leasingverträge über zwei bis drei Jahre ab oder buchen teure Langzeit-Mietwagen. Der Verband markenunabhängiger Mobilitäts- und Fuhrparkmanagementgesellschaften (VMF) rechnet deshalb bis 2025 mit bis zu 700.000 Abos.

Die Unternehmensberatung BCG schreibt dem Markt bis Ende des Jahrzehnts ein Potenzial von 30 bis 40 Milliarden US-Dollar zu. Kein Wunder, dass neben einigen Start-ups wie Finn, ViveLaCar oder Like2drive auch Autohersteller wie Volvo, Mercedes oder Volkswagen auf den Zug aufgesprungen sind und eigene Abodienste anbieten. Selbst Und Shell hat unter seiner E-Marke “Recharge” und in Kooperation mit dem Flottenspezialisten Fleetpool inzwischen sogar ein eigenes Abo mit E-Autos im Angebot.

„Das Auto relativ schnell wieder abstoßen zu können, war für mich wichtiger“

Felix Roth, Unternehmer

Nicht nur Großkonzerne mit üppigen Flotten, auch Mittelständler:innen und selbstständige Kund:innen wie Felix Roth könnten zur Zielgruppe gehören: “Das Thema 0,5- oder 0,25-Prozentregelung war für mich zweitrangig”, erklärt Roth. “Die Flexibilität zu haben, das Auto relativ schnell wieder abstoßen zu können, war für mich wichtiger. Das war der Hauptgrund für ein Abo.” Die Rechnung sollte aber nur zum Teil aufgehen.

Andreas Wixler ist CTO und Mitgründer des Münchner Autoabo-Anbieters Finn. Er vergleicht das Business seines Start-ups mit dem Wandel in der Musikindustrie: “Es gibt die Musikliebhaber, die in den Plattenladen gehen. Die fassen Platten an, genießen das Produkt mit Haptik. Und dann gibt es die Leute wie mich: Spotify, fertig. Es geht am Ende um Konsumieren von Musik, aber jeder macht es anders. Er ergänzt: “Wir betrachten das wie ein Kunde: Ich brauche ein Auto, am besten morgen. Ich verstehe die Komplexitäten der Beschaffung nicht und möchte mich damit eigentlich auch nicht beschäftigen.” Deshalb ziehe Finn insbesondere Menschen an, die noch nie einen Neuwagen gekauft haben und sich lange Verhandlungen und die Suche nach dem besten Angebot nicht zutrauen oder zumuten möchten. Bei Geschäftskund:innen sei das ähnlich, erklärt Maximilian Wühr, verantwortlich für die User Acquisiton und Mitgründer von Finn. “​​Wir versprechen, dass du dich um dein Fahrzeug nicht mehr kümmern musst.”

Über eine App wird der Vertrag zwischen Autofahrer:in und Anbieter verwaltet. Foto: Finn

Dieses Versprechen hatte der Händler auch Felix Roth gegeben – und auch weitestgehend gehalten. Nach 13 Monaten gab Roth sein abonniertes und frisch gereinigtes Auto zurück. Weil er die online einsehbare Checkliste vorher geprüft hatte, rechnete er mit keinen Überraschungen. Nun aber wollte der Autohersteller, bei dem er das Abonnement abgeschlossen hatte, ihm wegen grober Verschmutzung des Innenraums und aufgrund des Hagelschadens 1.800 Euro berechnen. Ob man hier auf den letzten Metern die Bilanz aufbessern wollte?

Maximilian Wühr sagt dazu, dass die Rückgabe kein Profitcenter sein darf. Bei Finn lägen die zu zahlenden meist in einem überschaubaren Bereich. “Mehr als 50 Prozent der Rückgaben weisen Schäden von weniger als 250 Euro auf, knapp 40 Prozent der Fahrzeuge werden frei von Schäden abgegeben”, sagt Wühr. Das Team der Schadensregulierung habe dabei strikte Vorgaben: “Sie erreichen ihre Ziele nur, wenn sie genau den Betrag berechnen, der bei der Reparatur anfällt. Wenn zu viel abgerechnet wird, ist das schlecht”. Diese transparente Vorgehensweise gegenüber den Kunden dient natürlich einem Zweck: 60 Prozent aller Finn-Kund:innen schlössen nach dem ersten ein zweites Abo ab.

Gilt die Loyalität also künftig dem Abodienst mit dem besten Service – oder doch weiterhin der Automarke? “Wenn du eine gute Erfahrung mit einem BMW gemacht hast, dann ist doch das Naheliegende, dass du anschließend wieder einen BMW nimmst”, meint Maximilian Wühr. Unabhängig von der Beschaffungsart. Gleichwohl biete das Abonnement eine Chance für junge Challenger-Brands, sagt Wühr: “Immer mehr Marken drängen auf den Markt. Wir finden das cool, weil sie teilweise ganz andere Schwerpunkte setzen und erkannt haben, dass für Nutzer ein Infotainment-System im Auto immer wichtiger wird und es nicht nur um das Fahrverhalten geht.” Eine solche Marke ist Aiways. Die günstigen E-Autos des chinesischen Unternehmens waren in kürzester Zeit bei Finn vergriffen.

„Je mehr Leute diese Besitzform anbieten, desto besser ist es für die Nutzer“

Maximilian Wühr, Finn

Entsprechend unterschiedlich sind auch die Argumente, mit denen die Anbieter Kund:innen ködern. Volvo etwa erinnert Abointeressent:innen auf der Landingpage des eigenen Autoabos Care by Volvo: ”Wir unterschätzen oft, wie viel ein Auto tatsächlich jeden Monat kostet.” Damit hat der schwedische Autobauer sicher recht. Der Werbespruch ist in diesem Fall aber eher dafür gedacht, Interessent:innen darauf vorzubereiten, dass sie mit Preisen ab 519 Euro rechnen dürfen – pro Monat. Das ist für einen kompakten XC40 mit Benzinmotor schon stattlich. Start-ups setzen dagegen eher auf Liefestylefaktoren wie Bequemlichkeit und (also ganz wie der E-Bike-Abo-Anbieter Dance, über den FUTURE MOVES neulich berichtet hat).

Konkurrenz durch die finanzstarken Konzerne mit ihren Produkten wie Volkswagen AutoAbo, Care by Volvo und weitere begrüßt man beim markenneutralen Unternehmen Finn übrigens. Als Besonderheit setzt man auf eine durch Kompensation klimaverträgliche Auslieferung des Neuwagens – unabhängig davon, ob das Fahrzeug betankt oder geladen werden muss. Das CO2 der ersten 5.000 Kilometer werden kompensiert, insgesamt bereits über 7.000 Tonnen. Dafür nehmen Kund:innen auch eine etwas höhere Rate in Kauf.

Auch die insgesamt rasant wachsende Zahl der Mitbewerber wertet Wühr positiv: “Nicht nur die Hersteller bieten Autoabos an, es gibt ja auch wahnsinnig viele kleine Anbieter.” Und: “Je mehr Leute diese Besitzform oder diese Nutzungsformen anbieten, desto mehr Aufmerksamkeit bekommt der Markt und desto mehr tut sich darin. Am Ende ist es für die Nutzer am besten. Einzig ein starker Service dient dann noch als Differenzierungsmerkmal.”

Das Wühr mit seiner Theorie recht haben könnte, zeigt auch das Beispiel von Felix Roth. Der hat nach seinem einjährigen Abo nicht nur den Hersteller gewechselt, sondern sich für ein klassisches Fahrzeugleasing entschieden.

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Max-Josef Meier

Max-Josef Meier

Er ist CEO und einer der Gründer von Finn. Bevor er das Autoabo-Unternehmen 2019 gestartet hat, war er Mitgründer bei Stylight.de. Er ist Investor bei Stylight.de und ist Investor bei, 6-Milliarden-Dollar-Start-up Personio

Ferdinand Dudenhöffer

Ferdinand Dudenhöffer

Der häufig zitierte Kfz-Experte und Direktor des Center Automotive Research (CAR) sieht großes Potenzial bei Autoabos. 40 Prozent der Verträge sollen bis 2030 laut Dudenhöffer auf Privatpersonen laufen.