Was sich lange wie Science-Fiction anhörte, wird in diesem Jahr Realität: Die Mercedes S-Klasse wird das erste Auto sein, das wie von selbst fahren kann. Das lässt sich mal eben so flapsig sagen, dem Ganzen geht jedoch ein langer, langer Entwicklungsweg voraus. Denn: Bei autonomen Fahrzeugen ist die Technik das eine, die rechtliche Lage bringt ganz andere Herausforderungen mit sich.

„Wir Menschen machen zuerst den Führerschein, bevor wir fahren dürfen. Wir wollen garantieren, dass sich autonome Fahrzeuge an dieselben Regeln halten“, sagt Kontrol-Co-Gründer Andreas Lauringer. Sein Start-up will Herstellern dabei helfen, dass ihre Autos nicht nur sicher, sondern auch rechtssicher unterwegs sind. Autos müssen gewissermaßen ihren Führerschein bekommen, so wie ihr Erfinder Carl Benz im Jahr 1888. Vor allem, weil sich die bislang von Region zu Region unterscheidet, was das Ganze nicht gerade einfacher macht.

„Wir Menschen machen zuerst den Führerschein. Autonome Fahrzeuge sollen sich an dieselben Regeln halten“

Andreas Lauringer, Co-Gründer Kontrol

Aber fangen wir vorne an, mit den Fähigkeiten des autonomen Autos: Die neue S-Klasse beherrscht autonomes Fahren nach Level 3. Das System von Mercedes erlaubt, Fahrer:innen zwischenzeitlich nicht nur die Füße von den Pedalen zu nehmen (Level 1, „no feet“) oder die Hände vom Lenkrad (Level 2, „no hands“), sondern sich sogar anderen Tätigkeiten zuzuwenden (Level 3, „no eyes“).

Das System von Kontrol kontrolliert während der Fahrt, ob sich das automatisierte Fahrzeug an die Verkehrsregeln hält. Dann kommt es darauf an, dass sich das Auto auch ohne menschliches Zutun möglichst ordnungsgemäß verhält, also weder die Spur verlässt oder zu schnell fährt. Weil sich der Stau jederzeit auflösen könnte, müssen Fahrer:innen jederzeit bereit sein, die Kontrolle über das Fahrzeug wieder zu übernehmen. Ein Nickerchen ist also nicht erlaubt (Level 4, „no brain“), die SMS oder Online-Shopping sehr wohl.

„In jedem Land gelten andere Verkehrsregeln. Wir wollen, dass sich das System an die Gesetze anpasst“

Andreas Lauringer, Co-Gründer Kontrol
Bis Autohersteller auf ein Lenkrad verzichten, vergeht noch viel Zeit. Das Start-up Kontrol will die Basis dafür schaffen. Foto: Audi

Zurück zu den regionalen Unterschieden. Richtig spannend wird’s, wenn Fahrer:in und Auto über die Grenze ins Nachbarland fahren, sagt Lauringer: „In jedem Land gelten andere Verkehrsregeln. Wir wollen durch unsere Lösungen erreichen, dass das System Unterschiede wie die Abstandsregelung in Deutschland und Österreich erkennt und sich den aktuellen regionalen Gesetzen anpasst.“ Das Ziel ist es, alle Gesetze weltweit zu erfassen und sogar nachträglich als Update anzubieten. Sollte Deutschland ein Tempolimit einführen, wäre das kein Problem: Ein simpler Download und alle selbstfahrenden Autos wären wieder auf demselben Stand.

So wichtig ein Update ist, die komplexen und von Land zu Land unterschiedlichen Regeln müssen natürlich schon bei der Herstellung des Fahrzeuges eingepflanzt werden, so will es eine kürzlich vom Bundeskabinett erlassene Verordnung, das die Zulassung von autonomen Autos regelt. Kontrol könnte den Zulieferern und Herstellern dabei helfen. Das System des Start-ups eignet sich neben Autos auch für Fluggeräte, Maschinen und Anlagen.

Und wer haftet, wenn es doch mal zu Unfällen kommt? Mercedes übernimmt laut eigener Aussagen die volle Verantwortung auf der Autobahn und das bei einer Geschwindigkeiten von bis zu 60 km/h. Das ist zwar noch nicht sonderlich schnell, reicht vorerst aber, um die Konkurrenz abzuhängen.

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Jaime Waydo

Jaime Waydo

Sie ist ein Silicon-Valley-Erfolgsmensch, wie er im Buche steht: Jaime Waydo war über ein Jahrzehnt lang bei der NASA und fünf Jahre lang Chefingenieruin beim autonomen Start-up Waymo, hat drei Jahre lang am Apple-Auto gearbeitet und kümmert sich jetzt um eigene Korridore für autonome Autos.

Andreas Lauringer

Andreas Lauringer

Andreas Lauringer hat vor über vier Jahren Kontrol gegründet. Das Deep-Tech-Start-up konzentriert sich auf SaaS im Umfeld des autonomen Fahrens. Kontrol berät Unternehmen, wie den französischen Flugzeugkonzern Thales, Bosch und Magna. Das Linzer Unternehmen hat 20 Mitarbeitende in Österreich, Deutschland und in den USA.