Warum in alten Batterien eine Milliarden-Euro-Chance steckt
Batterien müssen eine Kreislaufwirtschaft sein – alles andere ergibt im Zeitalter des Elektroautos ökologisch und ökonomisch keinen Sinn. Circunomics weiß, wie man damit Geld verdient
In Batterien gibt es viele Rohstoffe, die beim Gewinn und in der Produktion für Probleme sorgen und die Treibhausgas-Bilanz in die Höhe schnellen lassen. Zu diesen Rohstoffen zählen auch Nickel und Kobalt. Zwar planen einige Hersteller bei Fahrzeugen mit geringerer Reichweite den Lithium-Ionen-Akkus den Rücken zu kehren, doch auch für Batterien aus kobaltfreien Lithium-Eisenphosphat braucht man Rohstoffe.
Da sich die Batterie schon bald als führende Quelle für Antriebsenergie in Autos und Lkw durchsetzen wird, rechnen Unternehmen wie das deutsche Start-up Circunomics mit einer unvorstellbaren Menge von 400 Millionen Tonnen Altbatterien bis 2025. Das umfasst nicht nur die 2.000.000 in Fahrzeugen verbauten Altbatterien, die in den kommenden Jahren anfallen werden, sondern auch jene im Rauchmelder, Handy oder der Fernbedienung. Dennoch ist die Recyclingquote von Altbatterien aller Art enttäuschend: Aktuell wird nur jede zweite laut Umweltbundesamt verwertet.
Ökologisch und ökonomisch sind Batterien zudem nur, wenn die Autoindustrie Rohstoffe sinnvoll recycelt. Die Kreislaufwirtschaft auf diesem Feld voranzubringen, gebietet nicht nur der Umweltschutz. Für innovative Unternehmen lassen sich mit Batterie-Recycling schon bald Milliarden verdienen.
Zwar landen Antriebsbatterien schon heute – anders als es vielleicht landläufig vermutet wird – nicht nach fünf Jahren auf dem Müll. Sie erhalten zweite Karrieren in Speichern zur Stabilisierung von Stromnetzen oder in Klein- und Kleinstfahrzeugen wie Rollern, ohne, dass man nach dem Ausbau aus dem Auto großartig Veränderungen vornehmen müsste. Audi baut sie in einem Batteriespeicher für Ladestationen ein, um das Netz zu puffern. Wenn sie nicht mehr optimal funktionieren, können die Stromspeicher zudem repariert werden. Und wenn das nicht mehr geht, werden sie recycelt.
Eine große Herausforderung für Batterie-Produzent:innen, -Kund:innen und -Recycler:innen ist dabei, miteinander ins Gespräch zu kommen. Bislang gab es kein eBay für Batterien, stattdessen musste jeder Stromspeicher, der nicht mehr benötigt wird, zunächst analysiert werden. Die Diagnose ist umständlich, teuer und nicht standardisiert. Die Standardisierung will Circunomics liefern. Die Lösung ist eine digitaler Marktplatz, der mit Daten gefüttert wird: Eine Batterie bekommt eine eindeutige digitale Kennung, die sie über ihren Lebenszyklus hinweg behält. Autohersteller, Zulieferer und die Betreiber von Ladestationen speisen über ihr Leben hinweg Gesundheitsdaten der Batterie ein. Wird eine Batterie nicht mehr benötigt, ist für alle potenziellen Interessent:innen sofort klar, welcher Einsatzzweck künftig am meisten Sinn ergibt.
„Sisyphusarbeit, weil es wenig Standardisierung gibt“
Patrick Peter, CEO Circunomics
„Wir haben da einen ganz gehörigen technologischen und kommerziellen Vorsprung“, sagt Patrick Peter, einer der drei Gründer und CEO von Circunomics. „Wir sehen einen durch Regulierung (Rücknahmepflicht von Batterien durch Produkthersteller:innen, d. Red.) bedingten Vorschub für unser Geschäftsmodell. Letzten Endes wird eine Batterie aber durch die wichtigsten Wertschöpfungsstufen gehen, bevor man sie dann vielleicht zum Recycler gibt.“
Zudem gibt es nicht nur eine:n Recycler:in, vielmehr handelt es sich um einen stark fragmentierten Markt mit vielen Player:innen. „Da reicht es eben nicht aus, nur mit einem Recycler zusammenzuarbeiten“, erklärt Peter. „Je nach Zeitpunkt, je nach Markt, in dem die Rücknahmen anfallen, muss der OEM mit mehr als einem Recycler zusammenarbeiten. Das ist eine ziemliche Sisyphusarbeit, weil es bis dato wenig Standardisierung gab.“
Industriebatterien, die in Fahrzeugen verbaut waren und verwertet werden müssen, werden 2030 etwa 120 Gigawattstunden umfassen. Davon plant Circunomics selbst rund zehn Gigawattstunden abzuwickeln. Das Ziel ist ein geschlossene Kreislaufwirtschaft, auch bekannt als Closed-Loop-Recycling. Hierbei sollen Rohstoffe unendlich oft wiederverwendet werden ohne Zugabe von neuen Rohstoffen, was deren Einflüsse auf die Umwelt langfristig reduzieren soll.
Bekannt ist das etwa von Aluminiumdosen: Sie werden unter extrem hohen energetischen Aufwand hergestellt. Werden sie jedoch korrekt recycelt, können sie praktisch ohne Zugabe von neuem Aluminium und mit minimalem Energieaufwand immer wieder zu Dosen werden. Doch im Fall der Cola-Dose geht das so einfach, weil sie aus nur einem Rohstoff besteht. Batterien können aus Aluminium, Aluminiumerzen (Bauxit), Graphit, Kobalt, Kupfer, Lithium, Mangan, Nickel und Zinn bestehen. Und anders als die Cola-Dose kann die Batterie eben mehrfach verwendet werden. Die Vorhersage ihres Zustands ist dafür elementar.
„Der Markt explodiert“
Patrick Peter, CEO Circunomics
Pro Kilowattstunde vermittelten Batteriespeicher berechnet Circunomics dabei laut Gründerszene einen einstelligen Eurobetrag. Der Gesamtmarkt wird in der EU schnell Hunderte Millionen Euro wert sein. „Wir sind an einer guten Stelle, an der wir die verschiedenen Spieler im Ökosystem verbinden, indem wir das End-of-Life vorhersehbar machen für alle Parteien. Wir vereinfachen die Kommunikation über Batterien und machen den Handel sicherer dank neuer Standards.“ Energiedienstleister, Recycler, Autohersteller und chinesische Challenger-Brands sprechen laut Peter jetzt mit Circunomics. „Der Markt explodiert.“
Deshalb hat er mit Next Mobility Labs auch bereits früh investiert. Peter Mertens, Ex-Audi- und Volvo-Vorstand, The Blue Minds Company in Wien und die Hüsges-Gruppe in Willich. In Runde zwei kamen Kalodion, Circularity Boost und TES dazu. Die drei Unternehmen stellen 1,8 Millionen Euro bereit und in den Bereichen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft als wegweisend.
Der positive Ausblick für Circunomics birgt übrigens auch einen positiven Ausblick für die Gesellschaft: „Die Menge an Batterien, die aus dem Markt raus muss, wird ab 2030 größer sein als die, die neu produziert auf den Markt kommt“, erklärt Peter. Das Angebot an Rohstoffen wird dann die Nachfrage übersteigen. Die Frage nach der Umweltverträglichkeit von batterieelektrischen Fahrzeugen dürfte sich spätestens dann erledigt haben.
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Patrick Peter
Bevor Circunomics gegründet wurde, war Patrick Peter, der einen Ph.D. im Bereich Kreislaufwirtschaft und Unternehmertum macht, an diversen Digital-Projekten im Großraum Frankfurt am Main beteiligt. Eines davon war Next Mobility Labs aus Mainz, das zu den frühen Investoren des Unternehmens Circunomics gehörte.
JB Straubel
Neben Elon Musk war er einer der ersten Investoren bei Tesla und bis 2019 CTO. 2018 gründete Jeffrey Brian Straubel im US-Bundesstaat Nevada ein Recycling-Unternehmen namens Redwood Materials. Es erhielt zuletzt Aufmerksamkeit, da es Panasonic mit 100 Prozent recyceltem Kupfer zur Produktion von Batterien beliefern wird.