David Horsch ist ein Mensch der Tat. „Wir wussten 2011 nicht, was wir machen sollten und hatten Bock auf ein leichtes, schönes E-Bike, das nicht wie die damals üblichen E-Bikes aussah. Eigentlich war das eine Dreikäsehoch-Entscheidung“, beschreibt er die Situation nach dem Physikstudium. Kurzerhand gründete er Coboc und schaffte es, mit schlanken, leichten Fahrzeugen das E-Bike cooler zu machen. 

Den unschönen Akku, zu dieser Zeit standardmäßig irgendwo am Gepäckträger befestigt, und die anderen Antriebskomponenten versteckten Horsch und sein Team im Rahmen. Weil das bis dahin nicht vorgesehen war und dort nichts Vorhandenes hinein passte, entwarfen sie einen kompletten Antrieb selbst. Die Idee des Dreikäsehoch traf einen Nerv: Die Slim-E-Bikes kamen an und sind heute ein großer Markt mit Dutzenden Anbietern. Ein leichtes Fahrrad, dessen Nutzung Spaß macht – zweifelsfrei ein wichtiger Baustein für die Verkehrswende.

„In der Natur gibt es keinen Müll, alles ist Teil von Kreisläufen und hat eine Funktion“

David Horsch, Gründer und CEO von Coboc

So richtig rund wird das mit der Nachhaltigkeit aber erst, wenn nicht nur die Nutzung, sondern auch Herstellung und Wiederverwertbarkeit der eingesetzten Bauteile mit wenig Ressourcen auskommen und sich diese möglichst lange einsetzen lassen. „In der Natur gibt es keinen Müll, alles ist Teil von Kreisläufen und hat eine Funktion. Da wollen wir auch hin“, sagt Horsch. Im vergangenen Jahr bekam dieses Ziel bei Coboc einen Namen: Das „Coboc Circular Concept“ klammert seitdem die Bestrebung nach Langlebigkeit und Weiterverwendung. Dazu gehören unlackierte Rahmen, die sich wieder aufarbeiten lassen und wartungsarme Getriebeschaltungen – und der Akku. 

Der Prototyp einer Powerbank, die aus alten Akkus besteht. Foto: Coboc

Welches Potenzial Horsch in Letzterem sieht, zeigt der Prototyp einer Powerbank aus eigenem Hause: Das Rack hat Platz für zwei alte Akkus. Die Ergänzung zum Beispiel mit einer kompakten Photovoltaik-Einheit macht daraus die „Coboc Power Unit“, eine autarke mobile Energielösung, etwa für das Aufladen des E-Bikes oder der Stromversorgung eines Notebooks für mehrere Tage.

Damit das ohne große nachträgliche Modifikationen und entsprechend wirtschaftlich vonstatten geht, müssen die Akkus allerdings schon von Beginn an schlau sein. „Wir wollen künftig alle mit einer speziellen Steuerung ausrüsten, die beispielsweise für die spätere Anwendung als Powerbank den Output entsprechend steuern kann und etwa das Aufladen per Photovoltaik-Zelle zulässt oder unterschiedliche Ausgangsspannungen zu managen“, sagt Horsch. Eine weitere Anwendungsidee ist nämlich der Zusammenschluss von vier Akkus als besonders potenter Speicher in Wohnmobilen, die  üblicherweise über einen 12-Volt-Stromkreis verfügen, während die Spannung in Coboc-Bikes – zumindest aktuell – 36 Volt beträgt. Die intelligente Akku-Steuerung befindet sich derzeit in der Entwicklung.

„Aktuell wird der Akku noch von vielen als Abfallprodukt behandelt.“

David Horsch

Trotz des antizipatorischen Charakters dieser Ausrüstung sieht sich Horsch mit seinem Unternehmen eher in der Zeit voraus, und nicht als Spekulant: „Wir sind uns sicher, dass ein so komplexes Bauteil wie ein Akku, der noch zu 70 Prozent funktioniert und so teuer und aufwändig ist, künftig ein wichtiger Baustein von Circular-Konzepten ist, weil die Rohstoffpreise weiter steigen werden. Aktuell wird der Akku noch von vielen als Abfallprodukt behandelt. Aber wer die sinnvoll aufarbeiten kann, bekommt seine Rohstoffe aktuell fast umsonst.“ Damit sei er allerdings nicht allein, betont Horsch.

Der unlackierte Rahmen des „Soho“ lässt sich einfacher recyceln. Foto: Coboc

Stimmt. Zum Beispiel macht sich Upvolt aus der Schweiz diese Situation zunutze. Das Start-up bietet seit 2020 Reparaturen von Akkus an, die die Hersteller nicht leisten können oder wollen. Außerdem feilt das Unternehmen an stationären Speichern, die aus wiederverwendeten Zellen zusammengestellt werden, im Falle von E-Scooter-Batterien mit bis zu 10 kWh Kapazität. Aktuell entwickelt man in einem Pilotprojekt einen 200-kWh-Second-Life-Energiespeicher, bei dem unter anderem der Basler Kanton und der Basler Netzdienstleister IWB mitwirken. Diese Anlage besteht allerdings aus ausgemusterten E-Auto-Akkus

„Es stellte sich heraus, dass mehr als 60 Prozent wiederverwendbar waren“

Lysander Parodi-Delfino, Mitgründer Upvolt

Ihren Ursprung hat die Idee der Wiederverwendung von E-Bike-Batteriezellen, „weil wir festgestellt haben, dass viele Zellen eigentlich entsorgter Batterien noch in einem guten Zustand sind. Wir haben bei einem Recycler nach alten Zellen gefragt und es stellte sich heraus, dass mehr als 60 Prozent wiederverwendbar waren“, sagt Lysander Parodi-Delfino, einer der Upvolt-Gründer. Da sei klar gewesen, dass sie diese Idee weiterverfolgen wollten. 

Rund 60 Prozent der entsorgten Batterien eignen sich für lebensverlängerende Maßnahmen. Foto: Upvolt

Das möchte auch Horsch so schnell wie möglich. Doch es wird noch etwas Zeit vergehen, ehe er den Markt mit Second-Life-Powerbanks von Coboc fluten kann: „Dafür brauchen wir unsere entsprechend ausgerüsteten Akkus zurück“, sagt er. Etwa fünf Jahre seien sie auf der Straße unterwegs, ehe der Kunde aufgrund des unvermeidbaren Kapazitätsverlustes Ersatz wünsche. „Vor fünf Jahren haben wir rund 300 Räder verkauft. Der aktuelle Rücklauf reicht noch nicht für die Serienfertigung“, so Horsch. 

Aber womöglich in naher Zukunft, in der neben dem aus drei Schlitzen strahlenden „brutal hellen Rücklicht“ der ersten Coboc-E-Bikes eine Powerbank ehemaligen E-Bike-Akkus ein weiteres Signature-Element der Marke werden könnte, das in diesem Fall für einen weiteren Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft steht.

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David Horsch

David Horsch

Während sich der studierte Physiker David Horsch seit der Gründung 2011 um die Technik des Slim-E-Bike-Pioniers Coboc kümmert, ist Annalena Horsch für alles Geschäftliche im Unternehmen mit Sitz in Heidelberg zuständig. 2021 präsentierten sie auf der IAA Mobility ihr Circular Concept. Die beiden sind verwandt, nicht verheiratet. 

Lysander Parodi-Delfino

Lysander Parodi-Delfino

Gemeinsam mit Laurens Mackay und Lukas Oppler gründet Lysander Parodi-Delfino 2020 in Basel Upvolt. Ausgediente Zellen aus Batterien von Elektroautos und E-Scootern bekommen seitdem ein zweites Leben als stationäre Stromspeicher. Optional zur angebotenen Akku-Reparatur machen sie aus den getauschten Zellen noch eine Powerbank für die Hosentasche.