„Kein Hass gegen Verbrenner und ihre Fahrer.“ Damit das schon einmal klar ist. Nur weil sich der Instagram-Account „Elektroauto Memes“ eindeutig auf die Seite der Zukunft der Mobilität geschlagen hat, soll das niemand als Ausrede hernehmen, um auf die verbliebenen Petrolheads einzudreschen. Die aber sollen bitteschön auch ihre „Stammtischweisheiten“ zuhause lassen, so die in der Account-Beschreibung definierten Grundregeln. 

Wobei, nur weil „Elektroauto Memes“ Sympathie für batteriebetriebene Fahrzeuge hegt, heißt dass nicht, dass sie geschont werden. Denn schließlich ist das hier eine Meme-Seite, bei der es um mal mehr mal weniger liebevollen Spott für das Objekt der Betrachtung geht. Lisa möchte die Macherin hinter den Accounts auf Instagram und Twitter genannt werden. Kein Nachname, kein genauer Wohnort. Nicht, weil, sie Angst hat, zwischen irgendwelche Fronten zu geraten, sondern aus biographischen Gründen. Doch dazu später. Was also treibt eine Studentin aus der Nähe von Stuttgart an, Deutschlands erste Meme-Seite aufzubauen, die sich ausschließlich dem Thema Elektromobilität widmet?

Mit ihrem ersten Meme wollte Lisa eigentlich nur Frust über eine nicht funktionierende Ladesäule ablassen

Für die Antwort muss man etwas ausholen: Memes, um die es hier geht, sind die Urform des Humors im Internet. Dabei werden einprägsame Bilder – meist kuriose Fotos, Porträts oder Standbilder aus Filmen – mit wechselnden Untertiteln kombiniert. Viele dürften zumindest einige der Klassiker kennen: Success kid, Grumpy Cat oder das Distracted-boyfriend-Meme. Im Grunde geht es immer darum, Nachrichten und Zeitgeistphänomene witzig zu kommentieren, immer mit viel Ironie und gerne mal um drei Ecken herum. (Wer einen niederschwelligen Einstieg in den Meme-Humor sucht, dem empfehle ich Alman Memes 2.0)   

Nichts und niemand ist vor Memes sicher. Auch Elektroautos erwischt es immer wieder, allen voran die der Marke Tesla. Auf jede News des Autoherstellers reagiert das Web mit einem Meme-Feuerwerk. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Tesla-Chef Elon Musk selbst ein Fan ist und wie kein zweiter erkannt hat, wie sich Memes für das Marketing nutzen lassen. Wie etwa im Fall des vermeintlich unzerstörbaren, dann aber doch recht verwundbaren Cybertrucks.  

In gewissem Sinne haben sich Memes auch für Lisa als Marketinghebel erwiesen. Ursprünglich hatte sie ihren Instagram-Account als regionale Plattform für Elektroauto-Themen in Baden-Württemberg gestartet. Dass daraus die erste deutschsprachige Elektroauto-Meme-Seite wurde, verdankt Lisa, die eine BMW i3 fährt, Stress mit der Ladesäule eines bestimmten Anbieters. „Dann habe ich aus Spaß ein Meme gemacht”, sagt sie. Und ganz offensichtlich ist sie nicht die Einzige, die Probleme mit dem Service dieses Anbieters hat: Innerhalb von ein paar Tagen habe sich die Followerzahl ihres Instagram-Accounts verdoppelt. 

„Am Anfang war ich unsicher. Ich hatte noch nie Memes gemacht.“

Lisa, Elektroauto Memes

„Am Anfang war ich unsicher“, sagt Lisa. „Ich hatte noch nie Memes gemacht.“ Außerdem attestiert sie sich selbst einen “exzentrischen Sinn für Humor” und liebe Sarkasmus. Genau das scheint die Mischung zu sein, die in der E-Auto-Community gut ankommt. Bald wird Robin Engelhardt alias Elektro Robin (hier im FUTURE MOVES FAQ) auf Lisas Memes aufmerksam und teilt sie bei Instagram. Ihre Followerschaft wächst. Aus der Community erfährt sie, dass Twitter als Plattform in der Szene extrem wichtig ist. Anfang Januar 2022 legt sie einen Account an. Zwei große Accounts featuren sie. Innerhalb von einer Woche hat Lisa ihre ersten 500 Follower zusammen. Die kommen wegen ihrer Memes, landen aber bei den News-Themen. Die hat Lisa in ihre Insta-Story verschoben und erzielt dort eine extrem gute Engagement-Rate: 500 Leute schauen die Story jeden Tag.

Schon immer habe sie eine Leidenschaft für Autos gehabt, sagt Lisa. „Eine zeitlang kannte ich jeden Konfiguration jeder Marke auswendig.“ Doch im Laufe ihres Grundschullehramt-Studiums störten sich immer mehr Menschen daran. Nachdem Kolleg:innen sie dafür attackiert hatten, dass sie auf einem Ausflug mit einer Klasse einem Auto hinterher geschaut hatte, brach sie nach sechs Semestern ab. Einer Frau ihr Interessensgebiet abzusprechen, das sei doch widersinnig: „Unser Job als Lehrer ist es doch, anderen Toleranz beizubringen.“ 

Das bislang erfolgreichste Meme von Lisa problematisiert den Dogmatismus in der Debatte um E-Mobilität

Mit ihrem Account arbeiter sie also auch gegen Klischees an. Zumindest ein bisschen. Denn mit etwas mehr als 700 Followern bei Instagram und rund 600 Personen, die Lisas Twitter-Account folgen, ist ihre Reichweite begrenzt. Zum Vergleich: VW-CEO Herbert Diess folgen bei Twitter etwa 44.000 Menschen, Elon Musk ganze 71 Millionen. Doch andererseits ist die deutsche Elektroauto-Community in den sozialen Netzwerken relativ überschaubar. Auch die größten Influencer:innen der Szene kommen auf gerade einmal vierstellige Follower-Zahlen – und einige davon folgen Lisa bereits. So gesehen ist Elektroauto Memes durchaus schon eine signifikante Größe innerhalb der Mobility-Twitterblase – und hat das Potenzial, auch mal einen viralen Hit zu kreieren.      

Die absolute Größe sagt auch nicht unbedingt etwas über das kommerzielle Potenzial einer Meme-Seite aus. Denn je spitzer das Publikum, desto treffsicherer können Werbetreibende diese Zielgruppe hier erreichen. Bereits jetzt bekomme sie täglich zwei bis drei Anfragen von THG-Quoten-Aufkäufern. Sie findet deren Geschäftsmodelle jedoch undurchsichtig, sagt Lisa. Dafür Werbung zu machen, komme nicht infrage. Überhaupt: „Seiten, die Kooperationen eingehen, büßen an Glaubwürdigkeit ein.“ Sie plane darum vorerst nicht, ihren Instagram-Kanal zu monetarisieren.

Momentan hat sie auch schon genug damit zu tun, ihr selbst gestecktes Ziel von zwei bis drei Posts in der Woche zu erreichen. Zum einen funktioniert Kreativität nicht auf Knopfdruck. „Manchmal poste ich drei Memes hintereinander, manchmal fünf Tage nichts“, sagt Lisa. Zum anderen stecke sie mitten in einer Prüfungsphase. Mittlerweile würden ihr Follower ab und an Memes schicken. Doch die Frequenz zu halten wir schwer, vor allem, wenn sie im Februar ihr Praktikum bei einem großen Autohersteller beginnt. Ihre „Traumstelle“, sagt Lisa, die nach dem Lehramtsstudium zu trilingualer BWL wechselte mit Ziel, in Autoindustrie zu gehen.

An ihrer Anonymität will sie auf jeden Fall festhalten. „In meinem Umfeld weiß niemand was davon, sagt Lisa, „nur meine Eltern.“ Trotzdem hofft sie darauf, dass ihre Memes einmal über Bande den Weg zurück zu ihrer Urheberin finden. Vielleicht ja demnächst während des Praktikums beim Autobauer: „Ich bin gespannt, ob mir irgendwer mal was schickt und sagt: Das ist doch genau dein Humor.“

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Elon Musk

Elon Musk

Der Tesla-Chef ist ein echter Memelord – nicht nur mit Blick auf die Mobilitätsbranche. Seine Posts bei Twitter können Aktienkurse beflügeln oder erschüttern. Und der Unternehmer ist mittlerweile selbst zum Urheber sowie Gegenstand mehrerer Memes geworden.

Herbert Diess

Herbert Diess

Der VW-CEO ist zwar Musk-Fanboy und ebenfalls sehr aktiv in den sozialen Netzwerken, Memes gibt es von ihm aber keine. Dafür existieren gleich zwei ihm gewidmete Meme-Account, die allerdings hinsichtlich Schlagzahl und Treffsicherheit arg zu wünschen übrig lassen.