In dem Jahr, als der Elektroautobauer Tesla bereits sein 500.000-stes Auto verkauft, verbindet Maren Kahnert mit dem Namen Elon Musk … nichts. „2018 habe ich gar keine Ahnung gehabt, wer das ist“, sagt sie. Bei Twitter, wo Musk schon damals Millionen Menschen folgen, hat sich die Fremdsprachenkorrespondentin, die in einem Dorf in Schleswig-Holstein lebt, nur angemeldet, um einer Schäferin zu folgen, die schöne Naturfotos tweetet.

Die Geschichte ihres Blogs „Elon Musk Interviews“, den an manchen Tagen mehrere Hundert Menschen besuchen, beginnt mit Kahnerts Tochter. Die bittet sie in jenem Jahr 2018, das Twitter-Profil eines Schauspielers aufzurufen. So kommt sie auf die Idee, einmal zu schauen, wem Familie, Freunde und Bekannte so auf der Plattform folgen. Über ihren Bruder lernt Maren Kahnert Elon Musk kennen. Dessen Tweets sind damals schon eine wilde Mischung aus Ingenieursfragen, Meme-Humor und Raketenfotos. „Das war faszinierend“, sagt Kahnert. Sie liest alles über den Unternehmer und bekommt irgendwann das Gefühl, „dass viel über Elon Musk geschrieben wird, aber – zumindest hier in Deutschland – viel Fehlinterpretation getrieben wird.“ 

„Elon answered my prayers“

Pope of Muskanity

Dieses Bild will sie helfen gerade zu rücken. Ihr erstes Projekt: Die automatisiert erstellten deutschen Untertitel des Youtube-Videos vom „Third Row Tesla Podcast“ mit Elon Musk in verständliches Deutsch zu übersetzen. Doch nachdem eine halbe der insgesamt bald drei Stunden geschafft ist, bricht sie ab. Der Upload ihrer Untertitel schlug immer wieder fehl – was mit ihrer Provinz-Internetleitung zu tun haben könnte, wie Kahnert einräumt. Was aber sollte sie nun mit ihrer Übersetzung anstellen, in die sie viele Stunden gesteckt hatte und die ausgedruckt 50 Din-A4-Seiten füllt? 

Mit ihren Übersetzungen Blog will Kahnert Elon Musk sich in eigenen Worten erklären lassen

Gesprochenes sei „immer ein bisschen vergänglich“, habe sie sich damals gedacht. So sei ihr die Idee gekommen, das Transkript und ihre Übersetzung auf einem eigenen Blog verfügbar zu machen. Ab Januar 2021 erschien Kahnerts Text in mehren Etappen, über ihren Twitter-Account ließ sie die Welt von ihrer Website wissen. Für den ersten Traffic sorgte Elon Musk persönlich. Den habe sie zwar gar nicht markiert, so Kahnert, aber einige Multiplikator:innen aus der Musk-Twitter-Szene. „Elon answered my prayers“, das habe der Twitterer Pope of Muskanity – einer dieser Multiplikatoren – ihr am nächsten Morgen in einer Direktnachricht geschrieben. Musk hatte den Tweet über ihren neuen Blog gesehen, sagt Kahnert. „Damit kam das ins Laufen.“ 

Seitdem habe Musk schon mehrfach Likes da gelassen, die jedes Mal Aufmerksamkeit schaffen würden. „Es ist nicht so, dass mein Blog irrsinnigen Zulauf hat“, sagt Kahnert zwar. Doch die 50 bis 200 Leute, die täglich ihre Übersetzungen lesen oder sich die englischsprachigen Transkripte angucken, sind durchaus beachtlich für ein nicht-kommerzielles Hobbyprojekt, für das es außer einer SEO-mäßig gut aufgestellten Website und gelegentlichen Likes von Elon Musk keinerlei Werbung gibt. 

„Ich lebe in einer Twitter-Blase, die alles, was Musk tut und sagt, als ‚gut‘ annimmt.“

Maren Kahnert

Auch wenn elon-musk-interviews.de als Fangirl-Projekt rüberkommt, Kahnert ist dem Unternehmer gegenüber keinesfalls unkritisch. Sie bemängelt etwa dessen oft undiplomatische Art, ärgert sich über seinen Hang zur Verkürzung an sich guter Ideen und fürchtet das Missbrauchspotential, das in den Gehirnschnittstellen stecken könnte, an denen Musks Start-up Neurolink arbeitet. 

Quasi der Ritterschlag in der Community: Musk retweeted die von Kahnert übersetzte News zu Teslas Verzicht auf Subventionen

Nicht jeder aus der Musk-Twiitter-Community sieht das so differenziert. Kahnert weiß: „Ich lebe in einer Twitter-Blase, die Musk sehr positiv gegenübersteht und alles, was er tut und sagt, als ‚gut‘ annimmt und darstellt.“ Es gebe in dieser Blase Leute, die alles kommentieren, was der Meister tweetet, die Diagramme erstellen, Kursprognosen machen, Erklärvideos zu Tweets von Musk posten. 

Bei aller Kritik teilt Kahnert grundsätzlich jedoch den Vibe der Community: „Ich stehe dem sehr positiv gegenüber, was Elon Musk erreicht hat und hoffentlich noch bewegen wird, seinem Weitblick, Durchhaltevermögen und Kampfgeist.“ Tesla hat den Verbrennungsmotor im Auto überflüssig gemacht. Space X baut Raketen, die wieder landen können. „Das sind Dinge, von denen Experten gesagt haben: Das geht nicht.“ 

Wenn Menschen es trotzdem schaffen, dann stimme sie das optimistisch. Am Ende gehe es doch darum: „Wie können wir über Technik die Probleme lösen, nicht über Rückschritt“, sagt Kahnert. Doch ihre Faszination von Musk ist eben nicht so absolut wie bei vielen in der Twitter-Bubble: „Musk als Person gegenüber bleibe ich aber neutral, da ich ihn absolut nicht kenne und es mir nicht anmaße, Aussagen zu ihm in dieser Hinsicht zu treffen.“

Ihren ersten Retweet durch Elon Musk – und damit den Ritterschlag innerhalb der Community – verdankt Kahnert allerdings nicht ihren Interviews, sondern einer Übersetzung in die andere Richtung. Sie hatte die Meldung des RBB über Teslas Verzicht auf staatliche Subventionen ins Englische übersetzt. Musk retweetete Kahnerts Nachricht angereichert mit einem Seitenhieb auf Konkurrenz und Politik nur 45 Minuten später – und damit Stunden bevor erste englischsprachige Medien die News aufgriffen.

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Maren Kahnert

Maren Kahnert

„Don’t know why I am (on Twitter), but I try to make the best of it.“ Unter diesem Motto twittert Maren Kahnert ihre Elon-Musk-Übersetzungen in die Welt, literally. Die meisten Leser:innen der englischsprachigen Transkripte würden den Blog aus Indien aufrufen. 

Pope of Muskanity

Pope of Muskanity

Nicht der einzige selbstgekürte Papst der Musktianer, aber mit über 33.000 Followern bei Twitter einer der einflussreicheren Hohepriester, der von Ironie durchsetzt, aber doch voller Achtung den Unternehmer lobpreist.