„Ökourlaub muss nicht scheiße sein“: Dieses Start-up will Reisen nachhaltig machen
Nur mit CO2-Kompensation und mit Bäume pflanzen, ist die Welt noch nicht gerettet. Die Gründer:innen des Start-ups Faircations möchten mit ihrer Idee für ökologisch verträgliche, sozial gerechte und ökonomisch faire Urlaube sorgen
60 Prozent aller Deutschen wollen nachhaltig reisen, am Ende machen es aber nur 6 Prozent, sagen Sonja Karl und Stefan Seibel. Sie haben im Februar 2021 ein Travel-Startup gegründet und versprechen die erste komplett nachhaltige Reiseplattform. Ein möglicher Grund für das zögerliche Verhalten von Reiselustigen: Die meisten verbinden Ökoreisen mit wenig Auswahl, höheren Kosten oder mit Birkenstocks, Rucksack und Zelt.
„Dabei muss Ökourlaub nicht scheiße sein“, so die Gründerin von Faircations, das sich selbst Als “Bio-Tomate unter den Reiseportalen” bezeichnet. Vom veganen, über Yoga- bis hin zum altbekannten Strandurlaub bietet die Plattform Flüge, Hotels, Rundreisen und Ausflüge wie bei einer Pauschalreise an. Alles soll sich individuell zusammenstellen und buchen lassen, aber in fair.
Alles begann mit Erinnerungen an eine Urlaubsreise: Das Frühstücksbuffet wurde zehn Minuten vor Ende noch einmal aufgefüllt, nur um anschließend in Müllsäcken wieder abtransportiert zu werden. Auch Babyelefanten am Strand von Thailand, die zur Belustigung der Tourist:innen dienen, lösen nicht bei allen Freude aus. Diese Erinnerungen gehen Sonja Karl nicht mehr aus dem Kopf. Als sie eines morgens am Frühstückstisch saß und ihr Bio-Beeren-Müsli gegessen hat, geht ihr durch den Kopf: Es ist so einfach sich nachhaltig zu ernähren aber warum gibt es diese Möglichkeit beim Reisen kaum bis gar nicht?
„So einfach wie der Bio-Einkauf im Supermarkt“
Sonja Karl, Co-Gründerin Faircations
„Nachhaltiges Reisen soll genauso einfach sein, wie der Bio-Einkauf im Supermarkt“, sagt Sonja Karl. Um diesem Ziel näher zu kommen, hat Sie zusammen mit ihrem ehemaligen Kollegen Stefan Seibel gut zwei Jahre und viel Herzblut in die Idee hinter Faircations gesteckt. Beide kamen aus der Branche und wollten etwas bewegen.
Massentourismus führte bislang zwangsläufig zu überfüllten Hotelanlagen, CO2-Emissionen und unnötige Umweltbelastungen, Karl und Seibel wollen sie durch die drei Nachhaltigkeitskriterien Ökologie, Soziales und Ökonomie ersetzen. Angeboten werden zahlreiche Reisen in der Nähe, ans Mittelmeer oder Fernreisen. Zusätzlich wird jedes Angebot auf Verfügbarkeit geprüft. Angebote, die kurz nach dem ersten Aufruf bereits vergriffen oder wesentlich teurer sind, soll es nicht geben.
„Du musst nicht auf alles verzichten“
Sonja Karl, Co-Gründerin Faircations
„Du musst nicht auf alles verzichten aber es sind einfach die kleinen Schritte: Wir wollen aus Fleischessern keine Veganer machen, wir wollen sie aber vielleicht dazu bringen, Bio-Fleisch zu essen und davon etwas weniger“, sagt Gründerin Sonja Karl.
Alles beginnt mit der Abfrage von üblichen Suchkriterien: Wohin? Wann? Mit wie vielen Personen? Anschließend erscheint eine Auflistung mit möglichen Hotels. Klickt man auf ein angezeigtes Hotel, bekommt man zahlreiche Bilder, Videos, Informationen und die Lagebeschreibung. So weit, so gelernt. Anders als bei herkömmlichen Reiseplattformen jedoch, gibt es noch den zusätzlichen Reiter „Nachhaltigkeit“. Hier sieht man auf einem Blick, mit welchen Siegeln und Zertifikaten das Hotel ausgezeichnet wurde. Zusätzlich erfolgt eine Auflistung, anhand welcher Aspekte oder Situationen man die Nachhaltigkeit im Hotel konkret bewerten kann, wie beispielsweise durch die Stromerzeugung von Photovoltaik-Anlagen, faire Arbeitsbedingungen für Mitarbeitende, Mülltrennung, Recycling oder pflanzenbasierte Gerichte. Rundreisen, Touren und Zusatzprogramme werden ebenfalls von ausgewählten, nachhaltigen Partnern angeboten. Flüge werden als integrierter Teil der Buchungsstrecke CO2-kompensiert. Außerdem werden in den Ergebnislisten Nachhaltigkeit optimierte Verbindungen angezeigt und die Klima Effizientesten bevorzugt.
Als „Profi-Hotel“ werden jene Hotels ausgeschrieben, die mit dem Green-Globe-Siegel des Global Sustainable Tourism Council (GSTC) ausgezeichnet wurden. Derart ausgezeichnete Hotels decken die eingangs erwähnten Nachhaltigkeits-Kriterien der Gründer:innen ab. Darüber hinaus kommt bei jeder durchgeführten Buchung 1 Prozent des Reisepreises einem Natur-, Umwelt- oder Sozialprojekt in der gewählten Region zugute. Kund:innen haben die Möglichkeit, selbst zu wählen, für welches Projekt Faircations spenden soll.
Das Angebot ist noch knapp, wie eine Recherche auf der Webseite ergibt, so stehen etwa zur Hauptreisezeit in Italien lediglich fünf Hotels in unterschiedlichen Regionen zur Verfügung, zu teils stolzen Preisen. Reisen nach Österreich und in die Schweiz werden überhaupt nicht angeboten. Das Start-up will das jedoch ändern und auch weitere Rundreisen anbieten. Ambitionierte Pläne haben Sonja Karl und Stefan Seibel für die ferne Zukunft: 2024 will Faircations als eigenständiger Veranstalter auf dem Markt agieren.
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Sonja Karl
Nach ihrem Touristik-Diplom in München, war Sonja Karl Leiterin im Bereich Fern- und Luxusreisen im Touristikriesen Thomas Cook und ist somit Insiderin in der Reisebranche. Sonja legt selber sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit und verbindet in Faircations ihre beiden Interessen miteinander.
Stefan Seibel
Stefan Seibel war bei DER Touristik als IT Project Manager und Hauptabteilungsleiter im Projektmanagement und der -entwicklung tätig. 2008 ist er dann als IT Projekt Manager zu Thomas Cook gewechselt und war dort bis Dezember 2020 Leiter der IT-Abteilung.