FAQ: „Radfahren muss 300% angenehmer werden“
Stephanie Krone ist Sprecherin des ADFC und twittert als @FrauKrone für eine fahrradfreundlichere Welt. So soll diese aussehen
Wie definierst du für dich die Verkehrswende?
Top-Radwege, Top-ÖPNV, Top-Carsharing. Und alles nahtlos integriert. Damit man auch ohne eigenes Auto komfortabel und schnell unterwegs sein kann. Gefühlter Umsetzungsstand: 15 Prozent. Grrrr.
Wie sieht dein persönlicher Mobilitätsmix aus?
Im Alltag bin ich viel zu Fuß und mit dem Rad unterwegs, für die Fahrt ins Büro nehme ich die S-Bahn, für Dienst- und Urlaubsreisen möglichst die Bahn. Mit dem Auto fahre ich im Vergleich zu früher nur noch sehr selten, aber manchmal sind die Alternativen einfach zu umständlich. Siehe oben 😉
Und wie sollte er aussehen, damit du zufrieden bist?
Mein Mobiliätsmix ist schon ziemlich autosparsam, weil ich stärker als andere bereit bin, auch Unannehmlichkeiten auf mich zu nehmen. Beispielsweise: Auf eigentlich unzumutbaren Wegen Rad zu fahren. Ich möchte, dass es 300% angenehmer wird, Rad zu fahren – dann machen es auch meine Nachbarn und alle anderen viel häufiger.
„Millionen Menschen, die sich nach Wind in den Haaren sehnen“
Stephanie Krone
Hast du eine Mission, die du mit deinem Profil verfolgst?
Klar, ich möchte Lust auf die Verkehrswende machen. Ich möchte, dass sich Millionen Menschen nach breiten, superkomfortablen Radwegen und Wind in den Haaren sehnen. Und dass sie verstehen, dass diese Radwege nicht von allein, sondern nur durch Druck von engagierten Bürgern kommen.
Wie gehst du mit Hatern um?
Ehrlich gesagt mache ich die Erfahrung nicht oft. Es gibt ein paar notorische Radwegehasser, aber damit kann ich leben. Die meisten finden gute Radwege super.
Die aktuell größte Herausforderung in der Mobilitätswende ist …?
Das Umsatteln im Kopf. Ernsthaft. Wenn ich mit dem Rad zum Einkaufen fahre, kein großes Ding – und auf dem Rewe-Parkplatz meine zwei Körbe bepacke, dann bleiben manchmal Leute mit offenem Mund neben mir stehen. Und wenn sich die Leute nach Jahrzehnten der Auto-Erziehung nicht vorstellen können, dass man auch ohne Auto einkaufen kann – dann verstehen sie auch nicht, warum wir bessere Radwege brauchen. Deshalb muss ich, neben all meinem Gemecker, auch immer wieder tolle Bilder von tollen Radwegen aus aller Welt zeigen. Damit die Leute SEHEN, wie gut das den Menschen tut.
Deine Forderungen an …
… die Politik?
Ein modernes Straßenverkehrsgesetz.
… die Wirtschaft?
10.000 fahrradfreundliche Arbeitgeber.
… die Mobilitätsnutzer:innen?
Für gute Radwege streiten.
Wer ist in Sachen Verkehrswende gerade richtig gut unterwegs?
Anne Hidalgo, die Bürgermeisterin von Paris.
Welchen Menschen in der Mobilitätsbranche sollte man – neben dir – folgen?
Commute de Paris, weil es zum Weinen schön ist, wie die Menschen in Paris plötzlich sommers wie winters mit dem Rad zur Arbeit fahren – jetzt, wo es den politischen Willen zu weniger Autoverkehr und schnell aufgebauten Radwegenetzen gibt. Katja Dörner, weil sie sich als Oberbürgermeisterin von Bonn für fahrradfreundliches Tempo 30 einsetzt und mit dem Rad zur Arbeit fährt. Anjes Tjarks, weil er als Hamburger Senator für Verkehr und Mobilitätswende verstanden hat, dass der Radverkehr Schutz vorm Autoverkehr und viel mehr Platz braucht. Timm Kress aus Darmstadt, weil er sich seit Jahren in seiner Stadt für besseren Radverkehr engagiert und großartige Visualisierungen von sicherer Infrastruktur macht. Und die Bikeygees, weil sie Frauen aus bevormundenden Ländern kostenlos das Radfahren beibringen – und ihnen damit ein riesiges Stück Freiheit und Selbstbestimmung schenken.
„Die Infrastruktur bestimmt das Verhalten“
Gibt es einen Ort, der für dich die Zukunft der Mobilität erlebbar macht?
Paris – als Großstadt, binnen weniger Jahre für mehr und besseren Radverkehr umgebaut. Und als kleinere Gemeinde: Houten in den Niederlanden. Hier wurde das Verkehrssystem von Anfang an am Fahrrad ausgerichtet, das Auto spielt eine untergeordnete Rolle. Und immer wieder wird klar: Es ist die Infrastruktur, die das Mobilitätsverhalten bestimmt. Die meisten Menschen merken das gar nicht, es ist aber so: Wenn die Straßen für Autos gebaut sind, fahren wir Auto. Wenn die Straßen zum Radfahren und Zufußgehen einladen, tun wir das.
Dein bislang hoffnungsvollster Mobilitätswende-Moment?
Ich zehre noch heute von einem NDR-Dreh in Kopenhagen vor ein paar Jahren. Das Glücksgefühl, das eine so fahrradfreundliche Stadt auslöst, trägt über eine lange Zeit.
STEPHANIE KRONE
Die Sprecherin des ADFC auf Bundesebene bezeichnet sich selbst als „leidenschaftliche Frischluft-Fetischistin“. Während ihr das Segeln und Rudern auf Berlin-Brandenburgischen Gewässern große Freude bereite, sei das Radfahren auf schlechten Wegen oft eine Qual. Damit das nicht so bleibt, bloggt und twittert sie neben ihrem Beruf für die Verkehrswende.