Heimladen: Ladestrom ist das neue Internet
Bürokratie und unberechenbare Folgekosten machen die Installation einer Wallbox in einem Mehrparteienhaus zum Risiko für Nerven und Konto. Taugt Ladestrom nach dem DSL-Prinzip als Alternative?
Im vergangenen Jahr hat eine hessische Eigentumsgemeinschaft einer Mieterin das Abstellen ihres E-Autos in der Tiefgarage untersagt. Die Begründung: angebliche Brandgefahr. Es ging vor Gericht, das zugunsten der Klägerin entschied – und eine spannende Begründung fand, warum das E-Auto doch in die Tiefgarage darf: Der Gesetzgeber habe ein „individuelles Recht auf die Gestattung baulicher Maßnahmen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen“, eingeräumt. Durch das Abstellverbot der Eigentumsgemeinschaft ginge jedoch der unabdingbare Anspruch ins Leere. Anders gesagt: Wenn man die Installation einer Lademöglichkeit im Zweifel erzwingen kann, dann muss man sein E-Auto dort auch laden können. Alles andere wäre doch Quatsch.
Max Wojtynia nennt den Konflikt „typisch deutsch“. Er ist CEO und Gründer des Start-ups Heimladen und will Laden am Stellplatz einfacher machen. Das wollen er und sein Team schaffen, indem sie von Planung und Konzeption, über die Kommunikation mit Eigentümer:innen und Stromversorgern, über die Installation bis hin zur Abrechnung jeden Teil übernehmen. Für die Kund:innen bedeutet dieser Ansatz planbare Kosten und weniger Stress – auch ohne Rechtsstreit mit den Nachbarn.
„Ich vergleiche uns mit dem DSL-Anbieter“
Max Wojtynia
Um zu verstehen, warum sich darüber viele Immobilienfirmen, Eigentümer:innen und Vermieter:innen freuen dürften, eine kurze Exkursion in die bürokratischen Ungeheuerlichkeiten: In Mehrparteienhäusern mit mehreren Eigentümer:innen braucht es zur Installation eine Entscheidung per Eigentumsversammlung, die oft einer jahrelangen Vorbereitung bedarf. Setzt eine Partei den Anspruch durch, wird – vereinfacht gesagt – eine Wallbox mit Stromzähler installiert und im Zweifel hat man mit Hilfe der auslaufenden Wallbox-Förderung für einen niedrigen vierstelligen Betrag eine eigene Ladestation am Stellplatz. Alles bestens also?
Nein, kommen dann nämlich weitere Interessierte dazu, wird’s kompliziert. Viele Ladestationen brauchen viel Strom, oft muss gebaut werden. Dann braucht es ein funktionierendes Lastmanagement, sonst wird das Hausnetz überlastet. Die Kosten für den Umbau tragen die Stellplatzeigentümer:innen. Auch jene, die einst als erste und für einen vermeintlich niedrigen Betrag eine Wallbox installieren konnten. Das können, wenn es besonders blöd läuft, mehrere Tausend Euro sein. Wenn der Stellplatz vermietet war, dann könnten die Mieter:innen längst umgezogen sein. Die Eigentümer:innen der Pionier-Stellplätze bleiben auf den Kosten sitzen und können sie wohl kaum an Verbrenner fahrende Nachmieter:innen umwälzen. Spätestens jetzt ist klar, wieso das Thema Wallbox auf der Eigentumsversammlung bislang nicht unbedingt Begeisterung auslösen. Obendrein ist oft nicht geklärt, wer Ansprechpartner:in bei Problemen ist oder wer die Abrechnung übernimmt. Ärger ist vorprogrammiert.
Hier kommt Max Wojtynias Unternehmen Heimladen ins Spiel: Viele Eigentümer:innen glauben offenbar, dass sie bei der Gestaltung von Lademöglichkeiten selbst aktiv werden müssen, suchen Wallboxen und Elektrikfachbetriebe aus. Doch damit sei die Arbeit nicht getan: „Ich vergleiche uns mit dem DSL-Anbieter. Ich gehe doch auch nicht hin und sage, hier ist mein Router, bitte Internet einschalten. Erst muss die Infrastruktur da sein. Und hier entstehen in der Planung viele teure Fehler, die vermeidbar wären“, erklärt er. Stattdessen plant und installiert der Internet-Anbieter eine Telefon- oder Kabelleitung, verbindet sie mit dem Hausanschluss, vertreibt den Router samt Tarif und schickt monatlich die Rechnung. Doch diese Denkweise gäbe es bei vielen Wohnungseigentumsgemeinschaften beim Thema Ladestrom noch nicht.
„Die Firmen sind froh, dass sich jemand darum kümmert“
Max Wojtynia
Sein Start-up bedient darum nicht nur die B2C-Kundschaft, sondern richtet sich vor allem an sogenannte Immobilien-Partner, die Projekte entwickeln oder Anlagen, deren Eigentum in nur einer Hand liegt. Also etwa Wohnungsbaugenossenschaften. Heimladen geht auch hier nach demselben Prinzip vor: Nach der Planung und Konzeption steuert das Unternehmen die Elektro-Installation und setzt sie entweder selbst oder mit den gewünschten Partnerbetrieben um. Wojtynia und sein Team schaffen die Voraussetzungen dafür, dass ab Tag eins alle Stellplätze mit einer Wallbox versorgt werden können, um spätere Aufrüstungarien zu vermeiden. Ein Last- und Energiemanagement zur Integration von erneuerbaren Energiequellen ist ebenfalls enthalten. „Die Firmen sind froh, dass sich jemand darum kümmert“, sagt er.
Und wahrscheinlich auch über die Preise. Im Falle einer Tiefgarage mit 25 Stellplätzen kostet das flexible System laut einem Rechenbeispiel 33.250 Euro netto. Umgelegt auf einzelne Stellplätze sind das 1.330 Euro netto. Vergleichsangebote sind oft dreimal so hoch, auch weil die die Wallbox enthalten, vor allem aber weil ineffizient geplant wird. Die Kosten für die Wallbox tragen beim Konzept von Heimladen dann die Stellplatz-Nutzer:innen, die sie einfach für 35 Euro im Monat abonnieren. Die Kosten werden direkt bei Heimladen beglichen – ohne Risiko für eventuelle Vermieter:innen. Ziehen Mieter:innen um, können sie das Gerät an Heimladen zurückgeben, später kann es an anderen Stellplätzen weiterverwendet werden. „Wir sind wir der einzige Ansprechpartner für das Aufladen“, sagt Wojtynia. „Und weil wir von der Planung bis zur Abrechnung alles übernehmen, entsteht für Eigentümer und Vermieter kein Ärger.“ Über diese Aussicht dürfte sich nicht nur manche Hausverwaltung freuen, sondern auch so mache Richter:in.
Want to know more?
Max Wojtynia
Ehe er im November 2020 Heimladen gründete, war Max Wojtynia fünf Jahre lang E-Mobility-Berater. Auch später führte ihn der Weg immer wieder zur E-Mobilität: Unter anderem scoutete der Würzburger für einen Energieversorger Locations für neue Schnellladestationen.
Jasper Luig
Nach „Heimladen“ ist vor „Welectrify“? Zumindest aus Sicht der Kundschaft könnte das Sinn ergeben. Jasper Luig und seine Mitgründer haben eine Webseite entwickelt, über die man private Ladepunkte anbieten oder finden kann – auch gegen Bezahlung. Alles dazu hier.